Sonntag, 16. April 2023

882 AD - Trier und die Wikinger

 
Denkt man an die Stadt Trier, dann fallen einem Touristen von heute zwei Namen ein.
Porta Nigra und Karl Marx.
Der erste Begriff bezeichnet, dass noch sehr gut erhaltene Nordtor der ehemals römischen Stadtmauer und dürfte jedem bekannt sein, der sich auch nur ansatzweise mit der römischen Geschichte in Deutschland beschäftigt hat.
Über die Porta Nigra stolpert man automatisch, wenn man in der Stadt ist.
Aus dem Weg kann man ihr nicht gehen, ist sie doch quasi auch heute noch Beginn des Stadtzentrums und somit auch Einfalls- bzw. Ausfallstor ungezählter Touristenströme.
Der zweite Name ist selbsterklärend.
Ja, es geht um den Herrn mit dem Bart, der in dieser Stadt geboren wurde, und dessen Philosophie, ideologisch verklärt, noch heute Grundlage des weltweiten Kommunismus ist.
Was die Stadt selbst aber bis heute am nachhaltigsten geprägt hat, und was somit auch viel bekannter sein müsste, ist weder ihre Glanzzeit als eine der römischen Hauptstädte in der Spätantike noch Ereignisse der jüngeren Geschichte.

(möglicher Urahn von Karl Max im Aufgebot des Bischofs von Trier. Historisch nicht verbürgt;-))

Ironischerweise ist dieses Ereignis, von dem ich jetzt rede, aber nur ein paar Spezialisten bekannt.
In der Stadt selbst findet sich keine Hinweistafel, kein Denkmal oder sonst etwas vergleichbares.
Dabei wandert man förmlich auf den Spuren dieser „Trierer Zeitenwende“, denn die mittelalterliche Stadt Trier und ihre Straßenführung, die im Kern noch heute so erhalten ist, wurde im Jahr 882 aus der Taufe gehoben.
In diesem Jahr erreichten nämlich die Wikinger diese Stadt und machten sie quasi dem Erdboden gleich.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte das Stadtbild sich noch seinen spätantiken Look bewahrt.
Viele antike Gebäude waren noch intakt. Auch der Aufbau des Straßensystems war zu diesem Zeitpunkt noch römisch.


Natürlich waren viele römische Gebäude bereits zerfallen; in den Ruinen waren germanische, dann frühmittelalterliche, Bauten hinzugekommen.
Aber generell erkannte man den prägenden römischen Einfluss noch sehr genau.
Das sollte sich 882 grundsätzlich ändern.


Bereits 820 trugen die Wikinger den ersten Großangriff ins Frankenreich.
845 wurde Paris zum ersten Mal angegriffen.
862 wurde Köln geplündert, 864 Xanten.
Diese Raubzüge im Rheinland wurden dann verstärkt ab dem Jahr 881 wieder aufgenommen.
Man geht davon aus, dass die Wikinger nach verlorenen Schlachten in England und im heutigen Frankreich sich einfachere Ziele suchten.
Da zum gleichen Zeitpunkt Karl III. wegen seiner Kaiserkrönung in Italien weilte, war auch das mobile Heer der Karolinger geschwächt, weil viele Panzerreiter und Krieger den König/Kaiser auf seiner Italienreise begleiteten.
Es scheint, dass die Wikinger dies wussten.
An der Maas überfielen sie zahlreiche Ortschaften. Städte wie Lüttich, Maastricht und Tongern wurden angegriffen und gebrandschatzt.
Im Dezember 881 ging es dann zum Rhein.







Die Wikinger trafen auf völlig unvorbereitete Städte. Verteidigungsmaßnahmen waren nicht getroffen worden, Stadtmauern waren verfallen, und dass, obwohl im vergangenen Jahrzehnt das westliche Frankenreich mehrfach angegriffen worden war.
Köln, Bonn, Neuss, Jülich und Andernach waren zuerst an der Reihe.
Dann wandten sich die Wikinger gegen Zülpich und Aachen.
Direkt zu Beginn des Jahres 882 wurde die Abtei Prüm angegriffen, nicht weit von Trier entfernt.
Im Februar und März erreichten die Plünderer Koblenz. Hier existierten allerdings noch die römischen Wehranlangen. Deshalb konnte die Stadt selbst gehalten werden. Das Umland wurde allerdings verwüstet.
Folge dieses Angriffs war, dass sich Mainz rüstete. Hier wurden die Mauern befestigt und ein Graben gezogen.
Allerdings nahmen die Wikinger einen anderen Weg.
Sie zogen die Mosel aufwärts und erreichten in der Karwoche das Umland von Trier.






Hier wurden zunächst die außerhalb der Mauern gelegenen Klöster, Kirchen und Gehöfte überfallen und zerstört (u.a. St. Maximin, St. Martin, St. Symphorian).
Am 5. April 882, am Gründonnerstag, nahmen die Wikinger Trier selbst ein. Nach drei Ruhetagen, wo man dann wohl erstmal so richtig feierte, wurde die Stadt am Ostersonntag geplündert.
Die Zerstörungen waren gewaltig.
Nach der Plünderung der Stadt teilten sich die Streitkräfte der Wikinger.
Der eine Teil zog mit der Beute moselabwärts Richtung Koblenz, der andere Teil bewegte sich weiter moselaufwärts nach Metz.
Am 11. April trafen bei Remich/Luxemburg die Wikinger auf ein Aufgebot der Bischöfe Wala von Metz und Bertolf von Trier. Adalhard II. von Metz unterstützte mit seiner Gefolgschaft die beiden Bischöfe.
Die Namen der Anführer der Wikinger sind ebenfalls überliefert: Godefrid und Sigfrid.
Ich glaube, ich muss im Grunde gar nicht erwähnen, wie die Schlacht ausging.
Auch wenn die Wikinger nur mit 3 Langschiffen unterwegs waren, und sie gerade einmal eine Kriegerschar von um die 100 Mann befehligten, so war es doch eine leichte Nummer die „Bauerntruppen“ Adalhards und der Bischöfe zu besiegen. Laut den Quellen waren zwar auch Panzerreiter anwesend, aber wohl zu wenige, um das Schlachtgeschehen drehen zu können.
Wala blieb auf dem Schlachtfeld, und die Wikinger konnten sogar noch so en passant die römische Villa im benachbarten Nennig zerstören.
Reich an Beute und Ruhm zogen dann die Wikinger ab und fuhren wieder die Mosel herunter Richtung Bingen.







Nach der Rückkehr Kaiser Karls III. berief dieser im Mai 882 einen Reichstag in Worms ein.
Es wurde ein Heer aufgestellt, das dann gegen die Wikinger zog.
Verhandlungen führten dann schlussendlich zu einem Abzug derselbigen.
Die Franken bezahlten Geld, Godefried bekam Friesland als Lehen übertragen und eine fränkische Prinzessin zur Frau. Im Gegenzug ließ er sich taufen.
Kennen Sie die Serie Vikings und die Geschichte wie Rollo dort zu seinem Herzogtum in der Normandie kam???
In dieser Serie wurde der historische Kontext sehr schön visualisiert.
So ähnlich war es auch hier.
Der Friede währte allerdings nicht lange.
Bereits im Sommer kam Godefried zurück, und generell dauerten die Wikingerraubzüge noch bis 885 an.
Ungefähr zu dieser Zeit starben dann auch die beiden oben genannten Wikingeranführer.
Jetzt kehrte für einige Jahre Ruhe ein, aber 892 kam es dann noch einmal zu einem finalen Angriff ins Moseltal.
Auch in diesem Jahr waren Prüm und Trier Ziele des Raubzuges.
Nach dieser finalen Attacke endeten die Angriffe der Wikinger im Kernland Frankens.
Offensichtlich hatte die verheerende Niederlage der Wikinger in der Schlacht bei Löwen im Jahr 891 die Nordmänner vorsichtiger werden lassen.
Wie Sie diesem kurzen Geschichtsabriss entnehmen können, sind die Raubzüge der Wikinger nicht nur ein norddeutsches bzw. englisches Thema.
Nein.
Auch hier im Westen des heutigen Deutschlands gibt es genügend Szenarien, die im Tabletop bespielt werden können.
Da ich ja Themen mit regionalem Bezug liebe, war es klar, dass ich dann auch ein paar Figuren zu dieser Thematik bemalen muss.
Heute zeige ich Ihnen die ersten.
Da wird dann aber noch einiges folgen.
Heute gibt es Bilder der fränkischen/karolingischen Bogenschützen. Es handelt sich um Figuren von Artizan Design (Karolinger) und First Corps (Sachsen).



Kenner der Materie werden erkennen, dass ich auch sogenannte Wikinger Bogenschützen von Artizan in meine Frankentruppe integriert habe.
Das ist bewusst geschehen.
Da ich beabsichtige für die Wikinger eine andere Figurenreihe zu nutzen, passen die hier gezeigten Modelle dann tatsächlich besser zu den Franken als zu den Wikingern.


Im nächsten Bericht stelle ich ihnen dann die Haustruppe der Bischöfe vor.
Es geht also zunächst mit den Franken weiter.
Was das Spielsystem angeht, werde ich auch hier Lion Rampant bevorzugen, wenn beide Kontrahenten angemalt sein werden.
Natürlich könnte man das Thema auch mit Saga bespielen. Aber Saga ist halt nicht unbedingt mein favorisiertes Regelwerk.
Mal schauen, was da noch alles kommt.
 
 
 
If you think of the city of Trier, two names come to mind for today's tourists.
Porta Nigra and Karl Marx.
The first term refers to the very well-preserved northern gate of the former Roman city wall and should be familiar to anyone who has even started to study Roman history in Germany.
You automatically stumble across the Porta Nigra when you are in the city.
You can't avoid it, as it is still the beginning of the city center and thus also the gateway for countless streams of tourists.
The second name is self-explanatory.
Yes, it's about the gentleman with the beard who was born in this city and whose philosophy, ideologically transfigured, is still the basis of worldwide communism today.
However, what has shaped the city most lastingly to this day, and what should therefore be much better known, is neither its heyday as one of the Roman capitals in late antiquity nor events from recent history.
Ironically, this event I am now talking about is known only to a few specialists.
In the city itself there is no information board, no monument or anything else comparable.
You are literally walking in the footsteps of this "Trier turning point", because the medieval city of Trier and its street layout, which is essentially still intact today, was founded in 882.
In that year, the Vikings reached this city and practically razed it to the ground.
Up to this point the townscape had retained its late antique look.
Many ancient buildings were still intact. The structure of the road system was also ancient at this time.
Of course, many Roman buildings were already in ruins; Germanic, then early medieval, buildings were added to the ruins.
But in general, the formative Roman influence was still very clearly recognised.
That should change fundamentally in 882.
As early as 820, the Vikings launched the first major attack on the Frankish kingdom.
In 845 Paris was attacked for the first time.
In 862 Cologne was plundered, in 864 Xanten.
These raids in the Rhineland were then increasingly resumed from the year 881.
It is believed that after losing battles in England and what is now France, the Vikings sought easier targets.
Since at the same time Charles III. was in Italy for his imperial coronation, the mobile army of the Carolingians was also weakened because many armored riders and warriors accompanied the king/emperor on his journey to Italy.
It seems the Vikings knew this.
They attacked numerous towns along the Meuse. Cities like Liège, Maastricht and Tongeren were attacked and burned.
In December 881 they went to the Rhine.
The Vikings encountered completely unprepared cities. Defense measures had not been taken, city walls had collapsed, despite the fact that the western Frankish kingdom had been attacked several times in the past decade.
Cologne, Bonn, Neuss, Jülich and Andernach came first.
Then the Vikings turned against Zülpich and Aachen.
Right at the beginning of the year 882, Prüm Abbey, not far from Trier, was attacked.
In February and March the looters reached Koblenz. However, the Roman fortifications still existed here. Therefore the city itself could be held. However, the surrounding area was devastated.
The consequence of this attack was that Mainz armed itself. Here the walls were fortified and a ditch was dug.
However, the Vikings took a different route.
They moved up the Moselle and reached the area around Trier during Holy Week.
Here the monasteries, churches and farmsteads outside the walls were attacked and destroyed (including St. Maximin, St. Martin, St. Symphorian).
On April 5, 882, on Maundy Thursday, the Vikings took Trier themselves. After three days of rest, the city was plundered on Easter Sunday.
The destruction was enormous.
After the sack of the city, the Viking forces divided.
One part moved down the Moselle towards Koblenz with the loot, the other part moved further up the Moselle to Metz.
On April 11, near Remich/Luxemburg, the Vikings met a contingent from Bishops Wala of Metz and Bertolf of Trier. Adalhard II of Metz supported the two bishops with his followers.
The names of the Viking leaders are also recorded: Godefrid and Sigfrid.
I don't think I really need to mention how the battle ended.
Even if the Vikings were only traveling with 3 longships and they commanded a warband of around 100 men, it was still easy to defeat the "peasant troops" of Adalhard and the bishops. According to the sources, armored riders were also present, but probably too few to turn the battle around.
Wala remained on the battlefield, and the Vikings were even able to destroy the Roman villa in neighboring Nennig in passing.
Rich in booty and fame, the Vikings then left and drove back down the Moselle towards Bingen.
After the return of Emperor Charles III. convened this in May 882 a Reichstag in Worms.
An army was raised, which then went against the Vikings.
Negotiations then finally led to a withdrawal of the same.
The Franks paid money, Godefried was given Friesland as a fief and a Frankish princess as his wife. In return, he was baptized.
Do you know the series Vikings and the story of how Rollo came to his duchy in Normandy there???
In this series, the historical context has been visualized very nicely.
It was similar here.
However, the peace did not last long.
Godefried came back in the summer, and the Viking raids generally continued until 885.
Around this time the two Viking leaders mentioned above also died.
Now peace returned for a few years, but in 892 there was another final attack on the Moselle valley.
Also this year Prüm and Trier were targets of the robbery.
After this final attack, the Viking raids in the heartland of Franconia ended.
Apparently, the Vikings' devastating defeat at the Battle of Louvain in 891 had made the Norsemen more cautious.
As you can see from this short history, the Viking raids are not just a North German or English topic.
No.
Also here in the west of today's Germany there are enough scenarios that can be played in the tabletop.
Since I love topics with a regional connection, it was clear that I would have to paint a few figures on this topic.
Today I'll show you the first ones.
But then there will be a lot more to come.
Today there are pictures of the Frankish/Carolingian archers. These are figures from Artizan Design (Carolina) and First Corps (Saxony).
Connoisseurs of the matter will recognize that I have also integrated so-called Viking archers from Artizan into my Frankish troops.
That was done consciously.
Since I intend to use a different series of figures for the Vikings, the models shown here actually fit the Franks better than the Vikings.
In the next report I will introduce you to the bishops' house troop.
So the first thing to do is with the Franks.
As far as the game system goes, I will also prefer Lion Rampant here if both opponents will be painted.
Of course, you could also play on the topic with Saga. But Saga isn't necessarily my favorite set of rules.
Let's see what else is coming.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen