Freitag, 23. Dezember 2016

Peer Lundströms Erlebnisse Teil 1

Mein Name ist Peer Lundström und es ist jetzt schon mehr als 10 Jahre her, seit ich mich in diesem Krieg befinde.
Angefangen hatte das Ganze als großes Abenteuer. Ich war gerade einmal 16 Jahre, als ich den elterlichen Hof verließ und mich vom Feldwebel des Regiments Ingermanland anwerben ließ.
Der Vater hatte damit kein Problem, war ich doch der viertgeborene Sohn und unser kleiner Hof konnte schon immer schwerlich alle versorgen, spätestens dann nicht mehr, als ich und meine Brüder das Erwachsenenalter erreichten.
Dazu gab es ja noch die Mutter, und meine zwei kleinen Schwestern, die Personen, die ich hier in der Fremde wohl am meisten vermisse.
Die Meilen, die ich mittlerweile in Russland zurückgelegt habe, kann ich nicht zählen. Es ging durch Schweden, Finnland, das nördliche Russland, durch Polen, ja sogar bis nach Sachsen, und wieder zurück. Überall kleine Gefechte, Scharmützel, Beutezüge, ach ich habe mir die Orte nicht gemerkt, wo ich war.
Nur einen Ort, der bleibt in meinem Gedächtnis. Ein fürchterlicher, ein schlimmer Ort: Poltawa. Irgendwo in der Ukraine.
Dort haben wir so viele Kameraden verloren. So viele. Diese schreckliche russische Artillerie. Ich werde niemals vergessen, wie wir uns auf die Redoute zubewegten, hinter der die Kanonen verschanzt waren. Wie ein Drache, der seinen  Schlund geöffnet hatte, flog Kugel um Kugel, Granate um Granate, Feuer um Feuer auf uns zu. Pflügte durch die Reihen, hinterließ eine blutige Spur des Todes. Mein Nebenmann ging noch zwei Meter bis er – kopflos – zusammenbrach. Blut spritzte auf meinen Rock, Dreck und Staub.
Dann kam die Kavallerie.
Ich hatte Glück, dass mich ein leichter Streifschuss am Kopf traf. Ich brach ohnmächtig zusammen, aber als ich ein paar Stunden später auf dem Feld aufwachte, war die Schlacht vorbei.
Ich konnte wegkriechen. Niemand entdeckte mich, und ich  schlug mich zu meiner Einheit wieder durch, die mich schon abgeschrieben hatte.
Unsere Hauptarmee war völlig vernichtet. Unser König im Exil, wo er die nächsten 6 Jahre auch blieb.
Der Krieg hatte sich gewandelt. Jetzt sahen wir uns in der Defensive. Zar Peter der neue Kriegsgott, der an die Stelle unseres tapferen Königs getreten war.
Jetzt waren wir erneut unterwegs. Es gab Stimmen, die sagten, wir wären jetzt in Finnland, aber ich kannte Finnland, und das war nicht Finnland.
Vielmehr querten wir die Besitzungen unseres Landes in Pommern. Diese deutschen Fachwerkhäuser sind einfach zu speziell, um sie irgendwo anders zu finden.

Es gab eine Schlacht, und meine Einheit stand in der Mitte der Schlachtordnung. Der Kampf wogte hin- und her. An unserer Seite neue Verbündete: Schotten, die von uns angeworben waren und uns treu zur Seite standen.
Es waren wirkliche Haudegen, wie sie daher kamen in ihren Röcken, die sie selbst Kilts nennen. Teilweise nur mit Breitschwertern, Claymores nennen sie die, und Hellebarden bewaffnet.
An ihrer Seite kämpften wir, und uns gegenüber standen neben den Russen noch die fürchterlichen Kosaken.
Die Schlacht tobte lange hin- und her. Wir wurden immer weniger, die Moral sank, aber auf beiden Seiten, und plötzlich, ja plötzlich, sah ich wie sich beide Seiten den Rücken zukehrten und weglaufen wollten.
So etwas hatte ich noch nie gesehen. Wir standen plötzlich Rücken an Rücken. Einheit für Einheit. Und wir waren bereit zu laufen. Zu laufen. Einfach weg von hier. Weg. Keiner konnte uns aufhalten. Das dachten wir.



Aber plötzlich tauchten Kommandeure auf, die uns sammeln wollten. Sie waren jetzt vor uns (wir hatten uns ja gedreht). Wir konnten  sie sehen, wir erkannten die Fahnen. Verstärkung, die sich näherte. Und da war das Signal sich zu sammeln.

Plötzlich sah ich unseren Kommandeur. Er war puterrot im Gesicht. Ich sah wie er den Mund öffnete. Ich sah wie er schrie. Er schrie so laut, dass wir ihn alle verstehen konnten. Alle.
“Hundsföttige Kanaille. Drecksäcke. Bleibt stehen, sage ich. BLEIBT STEHEN.”
Ich wurde unsicher. Stoppte.
Aber noch nicht alle taten es mir nach.
Der Kommandeur schrie erneut. Es war ein Wort.
“ANLEGEN!!!”
Und ich sah wie die eigenen Kameraden dem Befehl folgten. Sah wie sie die Musketen zur Schulter führten.
“HAHN SPANNEN!!!”
Ich sah wie sie den Hahn nach hinten zogen.
Ich drehte mich um und mit mir alle, die neben und um mich herum standen.
Dann doch lieber dem Feind in die Augen schauen, anstatt durch die Gewehre der eigenen Kameraden zu sterben.
“GEWEHR IM ANSCHLAG HALTEN !!! SOLANGE ICH NICHTS ANDERES BEFEHLE, WEITER ZIELEN !!!”
Hörte ich die laute Stimme hinter mir. Sie klang wie ein Nebelhorn.
Aber der kritische Moment war vorbei. Wir standen. Wir suchten aufs Neue den Gegner.
Wir drehten uns wieder um.


Dennoch waren wir verwirrt. Das gegnerische Regiment, das vor uns stand, hatte fast die gleiche Uniformfarbe wie wir.

„Freund oder Feind?“, schrie mein Nebenmann.
Wohl im gleichen Moment wie ich, erkannte unser Leutnant die goldgeben Huttressen. Das konnte nur ein gegnerisches Regiment sein.
„FEUER!!!“, rief er, und wir zogen durch. Den Bügel durchzuziehen, das Gesicht zur linken Seite zu drehen, den Knall und den Pulverqualm zu erwarten, war alles eine Sache von einer Sekunde.
Die Salve löste sich, und dann hätte niemand mehr irgendwelche Huttressen erkennen können.
Der Gestank und der Qualm einer abgegeben Salve, der ersten in diesem Gefecht, lag über dem Schlachtfeld.
Wir setzten die Musketen ab, griffen nach den Patronentaschen. Nahmen die Papierpatrone, bissen sie unterhalb der Kugel auf, und hielten die sich lösende Kugel  im Mund.
Dann schütteten wir das Pulver auf die Pfanne, gaben den Rest von Pulver und Papier in den Lauf. Wir spukten die Patrone in die Mündung und begannen mit dem Ladestock zu stopfen. Wir rammten die Kugel auf die Ladung, befestigten den Ladestock, spannten den Hahn, hoben das Gewehr und signalisierten die Bereitschaft.
Wir waren schnell. Wir waren gut. Wir hatten das Monate trainiert.
Wir waren die Besten in der Armee und luden die Musketen gerade mal in 20 Sekunden. Das war Rekord.
Unser zweiter Schuss löste sich, und das Regiment vor uns verschwand.

Als der Nebel sich verkrochen hatte, war da eine Lücke in der Kampflinie. Wir jubelten.
Direkt links von uns entwickelten sich Kämpfe zwischen unseren schottischen Verbündeten und den Kosaken.




Dann kamen die Reiter. Wir sahen uns plötzlich russischen Dragonern gegenüber.
Wir hielten Stand, aber die Schotten an unser Linken mussten sich in eine bessere Stellung zurückziehen.


Das Gefecht waberte Hin- und Her, so wie die Pulverdampfschwaden, die über das Schlachtfeld zogen.






Wir suchten die Entscheidung und unser Kommandeur ließ die Pikeniere antreten.  Meinem Regiment kam eine andere schottische Einheit zur Hilfe, der es im Vorfeld gelungen war, die angreifenden Kosaken zu vertreiben.





Die Pikeniere stießen auf die Kosaken, die sich allerdings mittlerweile auch gesammelt hatten.
Hiernach löste sich die Schlacht in Einzelgefechte auf.
Wir konnten noch unsere Reiter ins Feld führen.





Ein ganz heißer Kampf entspann sich um die Fahne eines russischen Regimentes.

Dann war es irgendwann vorbei.



Am Ende behielten wir die Überhand.
Dennoch.
Die Verluste waren aber auf beiden Seiten sehr hoch.
Viel zu hoch.
Der Russe hatte sich wieder als würdiger Gegner gezeigt.
Als ich am Abend an unserem Feuer saß und auf das Schlachtfeld hinausblickte, fragte ich mich:
Wo soll das noch alles hinführen? Wir sind hier in der Fremde. Unsere Verluste werden immer mehr. Wie wollen wir sie ersetzen? Was sollen wir gegen diesen Gegner tun?
Ich schaute auf die leeren Plätze links und rechts neben mir.
So viele Kameraden, die nicht mehr dabei waren.
Und das Ende?
Das Ende war noch lange nicht in Sicht, und ich Peer Lundström werde noch weiter marschieren müssen.

Wir spielten dieses Szenario nach den Donnybrook Regeln.
Ich muss wirklich sagen, dass mich die Regeln in den paar Testspielen, die ich jetzt gemacht habe, immer wieder überzeugen konnten.
Das liegt natürlich auch daran, weil Jürgen – Sorandir – sich immer wieder neue, oftmals ungewöhnliche, Szenarien ausdenkt, die dann auch wiederum die Würze in diese Spiele reinbringen.
Dieses Szenario war einfach auch durch die ungewöhnliche Aufstellung geprägt. Die Truppen standen Rücken an Rücken. Na und zunächst einmal ging es einfach darum, die Truppen überhaupt zu aktivieren. Die waren ja quasi in einer Schockstarre.
Zunächst dachte ich. Na ja. das sollte einfach werden. Dann aktivierst Du die halt und ballerst den Gegnern einfach in den Rücken.
Doch so einfach war das gar nicht, wie wir alle feststellen mussten.
Jedenfalls entwickelte sich ein schnelles, spannendes und kurzweiliges Spiel.
Mittlerweile habe ich mir die Donnybrook Regeln zugelegt, ein paar Russen sind schon bemalt, na und ich hoffe, dass wir im nächsten Jahr noch ein paar Mal an diesen Kriegsschauplatz zurückkehren werden.
Ich bin auf jeden Fall dabei.

My name is Peer Lundström and it has been more than 10 years since I was in this war. The whole thing started as a great adventure. I was only 16 years old, when I left our farm and got myself recruited from the sergeant of the regiment Ingermanland.
The father had no problem with this, since I was the fourth-born son, and our little farm could hardly provide enough for everyone of us, at the latest when I and my brothers reached the adult age.
There were still the mother, and my two little sisters, the persons whom I probably miss the most in the foreign country.
I can not count the miles, I have traveled in Russia. It went through Sweden, Finland, northern Russia, through Poland, even to Saxony, and back again. Everywhere small battles, skirmishes, booties, ahhhhh,  I have not noticed the places where I was.
Only ONE place that remains in my memory. A terrible, a bad, an ugly place: Poltava.
Somewhere in Ukraine.
There we lost so many comrades. So many. This terrible Russian artillery. I shall never forget how we were moving toward the Redoubt, behind which the cannons were entrenched. Like a dragon, who had opened his mouth, bullets flew around,  grenades for grenades, fire for fire. Plowed through the ranks, leaving a bloody trail of death. My neighbor went another two meters until he collapsed…,headless. Blood splashed on my coat, dirt and dust.
Then came the cavalry.
I was lucky to get a light touch on my head. I collapsed unconscious, but when I woke up a few hours later, the battle was over.
I could creep away. No one discovered me, and I struck myself again to my unit, which had already depreciated me.
Our main army was completely destroyed. Our king in exile, where he remained for the next six years.
The war had changed. Now we were on the defensive. Czar Peter, the new war god, who had taken the place of fame instead of our brave king.
Now we were on the road again. There were voices that said we were now in Finland, but I knew Finland, and that was not Finland.
Rather, we crossed the possessions of our country in Pomerania. These German half-timbered houses are just too special to find them anywhere else.
There was a battle, and my unit was in the middle of the battle. The fight went back and forth. On our side new allies: Scots, who were usurped by us and were faithful to our side.
They were furious warriors, as they came in their skirts, which they called Kilts themselves. Partly only armed with broad-swords, called Claymores, and armed with hellbards.
We fought at their side, and the terrible Cossacks stood side by side with the Russians.
The battle lasted for a long time. We lost our morale, but on both sides, and suddenly, suddenly, I saw the two sides turning their backs and running away.
I had never seen anything like that. We suddenly stood back to back. Unit for unit. And we were ready to run. To run. Just get away from here. Away. No one could stop us. We thought so.
But suddenly the commanders appeared, who wanted to rally us. They were in front of us (we had turned around). We could see them, we recognized the flags. Reinforcements approaching. And there was the signal to rally the unit.
Suddenly I saw our commander. He was bright red in his face. I saw him; he opened his mouth. I saw him screamimg. He screamed so loud that we could understand him. We ALL could understand him.
"Dog-willed canine. Dicks. Stop, I say. STAND STILL."
I was unsure.
Stopped.
But not all of them did it like me.
The commander shouted again One command.
"READY TO FIRE!!!"
And I saw how my own comrades followed the order.
"HOLD !!!"
I saw how they pulled the hammer back.
I turned around and with me all who stood next to and around me.
It’s better to look into the enemies eyes rather than die by the rifles of your own comrades.
"HOOOOOLD! AS I HAVE NO OTHER COMMANDS, CONTINUE TO AIM AT THEM! "
I heard the loud voice behind me. It sounded like a foghorn.
But the critical moment was over. We stood. We were looking for the enemy again.
We turned around again.
Still, we were confused. The enemy regiment, which stood before us, had almost the same uniform color as we had.
"Friend or foe?" Shouted my sideman.
At the same moment as I did, our lieutenant recognized the golden hatband. This could only be an enemy regiment.
"FIRE !!!" he shouted, and we went through. Pulling the trigger, turning the face to the left, expecting the bang and the powder quail, everything was a matter of a second.
The volley broke loose, and then no one could have seen any hatband.
The stench and the smoke of a salvo, the first in this battle, laid over the battlefield.
We took off the musket, opened the ammunition pockets. Took the paper cartridge, biting it below the ball, holding the released ball in the mouth.
Then we poured the powder on the pan, pouring the rest of the powder and paper into the barrel. We spit the ball into the muzzle and began to stuff with the ramrod. We rammed the ball onto the load, cocked the hammer, lifted the gun and signaled readiness.
We were fast. We were good. We had been training for months.
We were the best in the army and loaded the muskets just in 20 seconds. That was a record.
Our second shot broke, and the regiment vanished before us.
When the fog had crawled, there was a gap in the fighting line. We cheered.
Just to the left of us our Scottish allies attacked the Cossacks.
Then came the cavalry.
We suddenly faced Russian dragoons.
We stood firm, but the Scots on our left had to retreat into a better position.
The battle was going back and forth, as did the smoke of the guns that swept across the battlefield.
We looked for the decision, and our commander ordered the pikemen to compete. A different Scottish unit came to the aid of my regiment, who had succeeded in expelling the attacking Cossacks.
The pikemen encountered the Cossacks, which had meanwhile also formed in battleline.
After this, the battle broke into individual combats.
We were able to bring our cavalry into the battle.
An all-hot fight broke out around the flag of a Russian regiment.
Then it was over.
In the end it was a draw..
The losses were very high on both sides. Way to high.
The Russians had once again shown themself as tough opponents.
When I sat at our campfire in the evening looking out at the battlefield, I wondered:
Where is this still to lead? We are here in a foreign country. Our losses are increasing. How do we want to replace them? What should we do against this opponent?
I looked at the empty seats to the left and right of me.
So many comrades who were no longer there.
And the end?
The end was far from being in sight, and I, Peer Lundström, would have to march further on.

We played this scenario according to the Donnybrook rules.
I really have to say that the rules in the few test games that I have done,  have always convinced me.
This is, of course, because Jürgen - Sorandir - always write new, often unusual, scenarios.
This scenario was also characterized by the unusual arrangement. The troops were standing back to back. You have to activate them, and bring them in the fight.
At first I thought. Well, yes. That should be easy. You activate the troops, and shoot your enemies simply in the back.
But it was not as simple as we all had thought about.
In any case, a fast, exciting and entertaining game developed.
Meanwhile, I have bought the Donnybrook rules. A few Russians are already painted, and I hope that next year we will return to this battlefield a few times.
I'm definitely there.

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