Dienstag, 31. Oktober 2017

Luther - Zwei Comics

Heute vor 500 Jahren nagelte ein Mönch seine  95 Thesen an die Schlosskirche von Wittenberg.
Martin Luther leitete damit bewusst, unbewusst die Reformation ein und schrieb letztendlich… Weltgeschichte.
Bekommen sie jetzt keine Angst meine lieben Leser. Ich bin kein Theologe und werde jetzt nicht über Religionsgeschichte schreiben, geschweige denn irgendeine religiöse Glaubensrichtung bewerten.
Allerdings habe ich mich ja bisher mehrfach schon als Comic Fan geoutet, na und dann möchte ich Ihnen doch am heutigen 500. Reformationstag zwei Comics empfehlen, die sich genau mit dieser Thematik auseinandersetzen.
Comics als Stilmittel einzusetzen, funktioniert ja eigentlich immer, wenn man etwas bildgewaltiges, etwas einzigartiges darstellen will. Da bieten sich natürlich die Reformation und das Leben Luthers aus mehreren Gründen an.
Die Reformationszeit ist ja gewissermaßen ein Zeitalter der Transition. Es ist eine Schwellenepoche; der Übergang vom Mittelalter zur frühen Neuzeit.
Die alte Welt des Mittelalters mit ihren Rittern, Bauern und der allumfassenden katholischen Kirche, wird langsam abgelöst vom modernen Staat, dessen Stadtbürgertum sich immer mehr entwickelt, wo Banken und Händler immer wichtiger werden, und langsam beginnen den Staat zu beherrschen und die Macht von Adel und Klerus zu unterhöhlen, wo sogar Gläubige es wagen Fragen zu stellen, die nicht in das gängige Bild passen.
Ganz nebenbei, am Anfang fast noch unbemerkt, wird im Westen eine neue Welt entdeckt, wird Afrika umsegelt, werden Handelswege in ferne Länder eröffnet.
Unter militärischen Gesichtspunkten ist es die Zeit, wo die Landsknechte auftauchen. Wo Söldner das alte Feudalheer ablösen. Es ist die Zeit, wo Hauptleute eben dieser Landsknechte zu Kriegsunternehmern werden, ohne die der früher so stolze Ritter gar nichts mehr wäre.
Es ist die Zeit, wo aufständische Bauern durch die Lande Deutschlands ziehen, angeführt von Rittern, die sich – genau wie die von ihnen Angeführten – als Modernisierungsverlierer sehen. Als Menschen, denen etwas fehlt. Als Menschen, die Angst um ihre Zukunft haben. Um die irdische, aber auch um die in der Ewigkeit.
Die Hexenfeuer brannten in dieser Zeit noch stärker, als in den Jahrhunderten zuvor. Das Zeitalter der Aufklärung hatte man noch nicht erreicht, obwohl der Buchdruck begann sich Bahn zu brechen, und entscheidendes dazu beitrug, dass gerade auch die Schriften Luthers rasant verbreitet, und dadurch auch populär und richtungsweisend wurden.
Von der Kanzel der Kirchen und Kathedralen wurden das ewige Höllenfeuer und die Qualen im Fegefeuer besungen. Findige Kirchenvertreter verkauften Ablässe, Papiere, die gläubigen Menschen suggerierten, dass sie weniger Zeit im Fegefeuer verbringen werden. Das Fegefeuer, die bildlich dargestellte Vorhölle, die JEDER durchlaufen musste, der eine kürzer, der andere länger. Toll, wenn man die Zeit durch den Kauf eines Ablassbriefes verkürzen konnte.
Die Kranken und Behinderten waren in dieser Zeit verstoßen. Aussätzig. Auch Fremden stand man ablehnend gegenüber. Dass die Juden, die es in der europäischen Landschaft überall schwer hatten, verächtlich gemacht wurden, muss man im Grunde gar nicht erwähnen. Es war seit Jahrhunderten gelebte Normalität.
Diese Epoche ist die, in der Luther aufgewachsen ist und zwei Graphic Novels greifen die Thematik auf und bilden, in zwei völlig verschiedenen Stilen das Leben Luthers und die Zeit, in der er aufwuchs und lebte, ab.
Der eine Comic kommt bildgewaltig, bunt, kanllig daher. Irgendwie erinnert er mich in seinem Stil and die Zeichnungen des hier im Blog bereits beschriebenen Hauptmann Veits, der ja in der gleichen Epoche spielt.
https://thrifles.blogspot.de/2016/07/hauptmann-veit-ein-historiencomic-von.html
Für die Graphic Novel, „ Luther: Der Mönch, der die Welt aus den Angeln hob“, zeichnen als Texter Dr. Richard Melheim, genannt Rich, und als Illustratoren Sherwin Schwartzrock und Jonathan Koelsch verantwortlich.


Man könnte den Autor als Spezialisten, als Fachmann bezeichnen. Er ist evangelischer Pastor. Außerdem  war er Berater am Filmset „Luther“ mit Joseph Fiennes in der Hauptrolle.
Ihm gelingt es die Person Luthers in den historischen Kontext zu versetzen. Das heißt, dass der Comic jetzt nicht die Religionslehre Luthers in den Vordergrund stellt, und es Ziel ist diese zu vermitteln,  sondern es geht um den Menschen Luther, sein Leben und seine Ansichten.
Natürlich lernt der Leser einiges zur Religion; das liegt ja in der Natur der Sache. Aber der Comic soll jetzt nicht einen Katechismus ersetzen.
Das Leben Luthers wird auch in einen Kontext gestellt. Die erste Seite des Comic beginnt mit der Verbrennung von Jan Hus im Jahr 1415, die letzte Seite schließt mit im Jahr 1555 mit dem Augsburger Religionsfrieden. Beides Daten vor bzw. nach dem Leben Luthers, aber aufs engste mit ihm in den Auswirkungen verknüpft.
Genau wie im Film, den ich jedem, der ihn noch nicht kennt, auch empfehle, gelingt es dem Comic den Spannungsbogen zu entwickeln und vor allem ihn auch aufrecht zu halten.
Das Leben Luthers und seiner Zeitgenossen, die auch so gezeichnet sind, dass man sie direkt erkennt, orientiert sich doch der Comic an zeitgenössischen Gemälden, entfaltet sich in Bildern vor einem.
Man wird diesen Band auch nach dem ersten mal lesen wieder in die Hand nehmen, weil man bei den Bildern einfach auf Entdeckungstour gehen kann.
Im Grunde ist die dargestellte Geschichte ja bekannt:
Der erste Teil des Comic berichtet von der innerlichen Zerrissenheit des jungen Luther, vom Hadern gegenüber sich selbst und zu Gott. Seine Romreise findet ebenso Erwähnung, wie seine Arbeit an der Universität in Wittenberg. Kurfürst Friedrich, sein Schützer und Förderer, erkennt das Potential in dem jungen Mann. Luthers Predigten und Lehren ziehen Studenten an.
Hier in Wittenberg nagelt er die 95 Thesen an die Tür der Kirche. Der Disput beginnt. Mit dem Ablassprediger Tetzel, mit dem Mainzer Erzbischof, dem Kanzler des Alten Reiches, mit dem Papst. Luther wird nach Worms gerufen, um seine Lehren zu widerrufen. Als vogelfrei erklärt, verlässt er die Stadt, wird in einer Nacht- und Nebelaktion zur Wartburg in Sicherheit gebracht.
Hier übersetzt er die Bibel ins Deutsche.
Obwohl er selbst eingeschlossen ist, verbreiten sich seine Schriften immer mehr. Werden zu einer Bewegung, leiten die Reformation ein.
Man hat das Gefühl die Welt steht Kopf.
Privat kommt nach dem Exil auf der Wartburg eine große Veränderung auf ihn zu. Er ehelicht Katharina von Bora, eine ehemalige Nonne. Das Establishment schreit auf. Ein Mönch und eine Nonne. Ketzerei. Die Geburt des Antichrist wird kommen.
Doch Luther lebt weiter unter dem Schutz seines Kurfürsten. Letzterer, und ihm werden einige nachfolgen, erkennt die Vorteile sich von der offiziellen Kirche zu lösen. Die Kurfürsten stellen sich gegen den Kaiser. Auf dem Reichstag zu Augsburg am 20. Juni 1530 spürt Kaiser Karl V. den Widerstand: Kurfürst Johann von Sachsen, der Nachfolger Friedrichs, und Landgraf Philipp von Hessen, verweigern zunächst den Kniefall. Auf dem Reichstag kommt es dann zur Vorstellung und zur Disputation des Augsburger Bekentnisses. Wortführender ist hier der aus Bretten stammende Philipp Melanchthon, der anstelle des sich in Reichsacht befindlichen Luthers die lutherischen Lehren vorstellt.
Der Comic endet dann mit Luthers Tod, und final mit dem Augsburger Religionsfrieden, der im Jahr 1555 die lutherische Lehre anerkennt.
„Als das Mittelalter endete und ein stürmischer Mönch die Neuzeit mit den Worten einläutete: „Gott helfe mir...“ .... so heisst es auf dem Innencover des Comics.
Das kann der Comic wirklich in Bilder fassen.
Also meine unumschränkte Empfehlung.
Der Comic kostet 10,- €. Schade ist halt, dass er in einem relativ kleinen Format gehalten ist. Ungefähr die Größe eines etwas längeren, dafür aber leicht schmäleren, Osprey Bandes.
Ich hätte lieber 5,-€ mehr bezahlt. Wäre der Comic großformatiger und besser gebunden, wäre er noch wertiger und definitiv ein Comic Highlight auch in der Aufmachung.

(Hier die Verlagsseite. Die Comics sind natürlich auch überall im Handel zu bestellen).

Der zweite Comic, den ich ihnen empfehlen möchte, ist aus dem Haus editionfaust. Andreas Grosso Ciponte als Illustrator und Dacia Palmerino als Texterin haben diesen Comic geschaffen. Das Unternehmen wurde aus Mitteln der Evangelischen Landeskirche in Hessen und Nassau gefördert.



Dieser Comic ist im Stil völlig unterschiedlich zu dem zuerst beschriebenen. Er ist tatsächlich eine typische Graphic Novel, was vor allem im Stil der Zeichnungen begründet liegt. Die Zeichnungen wirken, als wenn sie einem Computerspiel entsprungen wären. Sie sind bewusst minimalistisch, weil die Botschaft des Textes im Vordergrund steht.



Der Zeichner reduziert seinen Zeichenstil. Hier ist der Mensch, vor allem Luther, im Mittelpunkt der zeichnerischen Darstellung. Der Betrachter des Comics hat auf manchen Seiten das Gefühl eine moderne Version von Hieronymus Bosch oder Lucas Cranach d. Älteren in den Händen zu halten. Gerade die Visionen Luthers auf der Wartburg, wo er sich in einem gefühlten Zweikampf mit dem Teufel befindet, werden beeindruckend, teilweise surreal dargestellt.
Wer einen minimalistischen, experimentellen, modernen, mehr computergenerierten Comicstil liebt, der sollte sich auch für diesen Comic entscheiden. Die Geschichte Luthers wird auch hier von der Geburt bis zum Tod mit ihren Höhepunkten treffend wiedererzählt.



Der Comic kostet 20,- €, hat dafür aber 160 Seiten. Sehr schön finde ich es, dass 18 Hauptakteure der Zeit am Ende des Comics nochmals im Portrait und mit einer Kurzbiographie vorgestellt werden.

(Hier die Verlagsseite. Die Comics sind natürlich auch überall im Handel zu bestellen).

Nebenbei sei bemerkt, dass es diesen Comic auch in englischer Sprache unter dem Titel „Renegade“ gibt.




Schauen sie sich beide Comics einfach mal an. Als Erstlektüre zur Thematik sind sie wirklich gut. Inwieweit Sie, meine lieben Leser, dann Ihr Wissen vertiefen wollen, das sei Ihnen überlassen.
Ich wünsche Ihnen allen heute einen schönen Feiertag, und insgeheim hoffe ich ja, dass die Politik sich doch noch einmal Gedanken macht den Reformationstag zu einem bundesweiten Feiertag zu erheben.
Es wäre auf jeden Fall passend.


P.S.: Die Comics würde ich ja bei meinem liebsten Comichändler, Ingo Stratmann aus Bielefeld, bestellen: http://www.gratiscomictag.de/shop/moderne-zeiten/
Es gibt sie natürlich auch bei den üblich Verdächtigen, dem großen A und anderen.

Donnerstag, 26. Oktober 2017

Passchendaele - Heute vor 100 Jahren

„Die wahrheitsgemäße Schilderung dieser Schlacht wird stets eine Erzählung des Grauens bleiben. In den Herzen vieler, die sich daran erinnern, muss für alle Zeiten der Zorn darüber brennen, dass auf diesem Stückchen Erde eine solche Pein geduldet werden konnte.“
(Duff Cooper, 1. Viscount Norwich)



5:30. Heute vor 100 Jahren.
Noch ist es still in der flandrischen Ebene.
Natürlich sterben Menschen. Sie liegen im Matsch. In Trichtern, in Gräben.


Hier in der wassergefüllten, matschigen, apokalyptisch wirkenden Erde Flanderns.







„In a foreign field he lay
Lonely soldier, unknown grave
On his dying words he prays….“

„Many soldiers eighteen years
 Drown in mud, no more tears
 Surely a war no-one can win
 Killing time about to begin…“

Aber das ist hier nichts Besonderes. Das ist Normalität.
Dennoch. Das große Massensterben rückt bereits heran.
Unaufhaltbar.
Noch herrscht der Zustand den Remarque tituliert hat:
„Im Westen nichts Neues.“
Aber nicht mehr lange …



5:40. Heute vor 100 Jahren.

„Laying low in a blood filled trench
Kill time 'til my very own death
On my face I can feel the falling rain
Never see my friends again…“

Jetzt bricht die Hölle los. Kanonen beginnen zu donnern. Das Trommelfeuer pflügt sich durch die feindlichen Stellungen. Hinter dem Schutzteppich sollen die Angreifer vorrücken.



„Relive all that he's been through
 Last communion of his soul
 Rust your bullets with his tears
 Let me tell you 'bout his years
 In the smoke, in the mud and lead
 Smell the fear and the feeling of dread
 Soon be time to go over the wall
 Rapid fire and end of us all.“

Die Artillerie schießt nach der bekannten Methode: Feuerwalze.
Ein Salvenfeuer, das sich in bestimmten Abständen immer weiter nach vorne verlagert.
Dahinter sollen die Angreifer in einem trügerischen Schutz nach vorne gehen.
Vorne eine Wand aus Granaten, Feuer und Tod. Dahinter die Infanterie.







„Whistles, shouts and more gun fire
 Lifeless bodies hang on barbed wire
 Battlefield nothing but a bloody tomb
 Be reunited with my dead friends soon…“

Die ANZAC Truppen waren kurz zuvor abgelöst worden. Jetzt stehen Kanadier hier an dieser Stelle. Wieder Truppen des Commonwealth, die an der Seite von britischen Infanteriedivisionen den entscheidenden Schlag führen sollen.



„… Home, far away
 From the war, a chance to live again
 Home, far away
 But the war, no chance to live again…“

Hier in Belgien. In Flandern.
Die Offensive, die am 26. Oktober 1917 wieder aufgenommen wurde, war Teil der sogenannten Dritten Flandernschlacht.
Das Sterben hatte bereits am 31. Juli begonnen. Es lief in mehreren  Phasen ab. Für jede Phase standen Namen von Ortschaften. Quasi symbolisch.
Messines, Pilkem, Langemarck, Menen und jetzt bereits zum zweiten Mal …

PASSCHENDAELE


Ziel war auch hier das, was IMMER das Ziel war.
In Verdun, an der Somme, in den Flandernschlachten, in den Vogesen, an der Alpenfront etc. etc.
Der Durchbruch an der Westfront.
DURCHBRUCH.
Und wie überall sonstwo auch wurden die relativ geringen Geländegewinne (die 130 km², die besetzt werden konnten,  gelten sogar als bedeutend)unter enormen Verlusten von Soldaten und Material erkauft.
Und das auf beiden Seiten der Frontlinie:




„The bodies of ours and our foes
 The sea of death it overflows
 In no man's land, God only knows
 Into jaws of death we go.
 Crucified as if on a cross
 Allied troops they mourn their loss
 German war propaganda machine
 Such before has never been seen…“

Vor Passchendaele hatten am 18. Oktober 1917 die 1. kanadische Division (General MacDonell) und die 2. Division (General Turner) ihre Stellungen eingenommen. Zwei weitere Divisionen der Kanadier, die 3. (General Lipset) und die 4. (General David Watson) standen hinter ihnen, um nachzustoßen und bei erfolgtem Durchbruch die Stellung zu erweitern.

„Home, far away
 From the war, a chance to live again
 Home, far away
 But the war, no chance to live again…“

Die Kanadier galten als sehr gute Soldaten und hatten sich bisher in verschiedenen Einsätzen an der Front bewährt. Nun standen sie hier an dieser Stelle. Ihr Kommandeur General Arthur Currie erklärte gegenüber General Haig, dass er mit Verlusten in Höhe von 16.000 Soldaten rechnen würde. Haig bestand dennoch auf dem Angriff.

„Swear I heard the angels cry
 Pray to god no more may die
 So that people know the truth
 Tell the tale of Paschendale
 Cruelty has a human heart
 Every man does play his part
 Terror of the men we kill
 The human heart is hungry still…“

Im Norden wurden die Kanadier vom englischen XIX. Korps, im Süden vom X. Korps unterstützt.
Ihnen lagen auf deutscher Seite die 5. bayrische Reserve, sowie die 239. und 111. Division gegenüber (Gruppe Staden).
Dazu noch um Ypern herum die 11. und die 238. Division. Hier befand sich die 11. bayerische Division in Reserve.
Nach heftigen kämpfen konnte Passchendaele am 30. Oktober erobert werden.


(Ypern)


(Ypern)




„I stand my ground for the very last time
 Gun is ready as I stand in line
 Nervous wait for the whistle to blow
 Rush of blood and over we go...“

In einem Gegenangriff gelang den Deutschen die Rückeroberung des Dorfes, das mittlerweile schon völlig zerstört war.
Erst am 6. November eroberten die Kanadier, unterstützt von den Briten das Dorf und die umliegenden Höhen.
Die Dritte Flandernschlacht hatte alliierte Verluste in Höhe von 325.000 Mann zur Folge, für die Deutschen muss man von Verlusten bis zu 260.000 Soldaten ausgehen.


„Blood is falling like the rain
 Its crimson cloak unveils again
 The sound of guns can't hide their shame
 And so we die on Paschendale
 Dodging shrapnel and barbed wire
 Running straight at cannon fire
 Running blind as I hold my breath
 Say a prayer symphony of death
 As we charge the enemy lines
 A burst of fire and we go down
 I choke a cry but no-one hears
 Feel the blood go down my throat...“

Wie immer in den Schlachten des Ersten Weltkriegs hatte das große Sterben keinen Sinn. Weder wurden die eigentlichen Ziele erreicht, denn der Durchbruch wurde eingedämmt und die deutschen U Boot Basen, die von Land aus eingenommen werden sollten, blieben in deutscher Hand, noch konnten die Geländegewinne dauerhaft gehalten werden.
In der deutschen Frühjahrsoffensive von 1918 gingen die eingenommenen Gebiete wieder verloren.

Passchendaele ...

Ein weiterer Name für den Irrsinn des Ersten Weltkriegs.
Ein Irrsinn, der heute am 26. Oktober begann.
Heute vor 100 Jahren.

„Home, far away
 From the war, a chance to live again
 Home, far away
 But the war, no chance to live again

 See my spirit on the wind
 Across the lines, beyond the hill
 Friend and foe will meet again
 Those who died at Paschendale.“



(Die englischen Textpassagen stammen aus dem Lied Paschendale von Iron Maiden.
Bilder aus dem „In Flanders Fields“ Museum in Ypern).


Freitag, 20. Oktober 2017

Leipzig 1813 in 2017 - Reenactment zum 204. Jahrestag

Last weekend I visited the reenactment event for the 204th anniversary of the Battle of the Nations (Völkerschlacht bei  Leipzig).
Today, I would like to show you pictures and videos in this report. The German text describes only what you see.
So this time, you won’t find a big background story.
Maybe sometimes in the future you will visit Leipzig in the middle of October. The event takes place every year.
In addition to this, Leipzig is simply a great city, and it has a lot more to offer for the fan of the Napoleonic period: the Monument to the Battle of the Nations, the Museum Forum 1813, the Tin Figurine Museum in Dölitz and the small Museum 1813 in Markkleeberg.
So. Best time to go.
It is worth it .



Baram-Bam-Baram-Bam-Baram-Bam
Baram-Bam-Baram-Bam-Baram-Bam
Baram-Bam-Baram-Bam-Baram-Bam


Wir hörten Sie in dem Moment, als wir den Agra-Park in Leipzig betraten. Aber irgendwie klangen die Trommeln anders, als ich es erwartet hatte.
Irgendwie.
Na und im Gegensatz zu Herrn Grouchy – Ihr erinnert Euch an den Verlierer von Waterloo - bewegten WIR uns in Richtung der Geräusche.
Ja Herr Grouchy. So macht man das. Man sucht nicht einen, den man irgendwo vermutet, während man irgendwelche Erdbeeren isst.
Nein!!! Man geht einfach dahin, wo es scheppert. Sowas kann dann mal auch wehtun. Ohne Frage. Aber man macht es halt einfach.
Man macht es vor allem, wenn der Kaiser da ist.
VIVE L’EMPEREUR
Na und wir, meine beiden Freunde und ich, die tatsächlich ganz zufällig schon vor Monaten diesen Städtetrip nach Leipzig gebucht hatten, wussten bereits, dass er heute da sein sollte.
ER!!
Hier. In Leipzig. Wie schon einmal vor 204 Jahren.
VIVE L’EMPEREUR
Die ersten Truppen, die wir erspähten, waren allerdings Preußen. Deshalb dieser merkwürdige und dumpfe Rhythmus der Trommeln.

Verdammt, dachte ich. Ist das jetzt hier genau wie in Waterloo???
Da wartest Du auf Franzosen und wer kommt? Preußen.
Das kann doch nicht wahr sein.
Einen Nachzügler sprach ich dann auch deshalb vorsichtig an, und fragte ihn.
„Entschuldigung. Ist das hier der Weg zum Veranstaltungsgelände??“
Der nickte und zeigte in die Richtung.

Glück gehabt.
Er hatte nicht erkannt, dass ich ein französischer Sympathisant bin, und meinen befreundeten Truppen ja somit den Anmarschweg der Preußen verraten könnte.
Wirklich Glück gehabt.
Auf dem Weg zum Gelände wäre es uns dann auch noch ein Einfaches gewesen eine Fahne zu erobern.
Sehen Sie selbst.

Also meine Herren.
Die Fahne darf doch nicht so offen getragen werden, wenn man sich schutzlos durch Gelände bewegt, wo die Aufstellung der gegnerischen Einheiten noch nicht ganz klar ist.
Wir drei hielten uns aber mit einem Angriff zurück, weil wir ja keine Uniformen trugen und einfach Angst hatten, dass man uns für Freischärler halten könnte, die ja nicht unter den Schutz der Haager Landkriegsordnung fallen.
Stellen Sie sich mal vor, sie stehen danach vor sowas.

Nicht schön.
Als wir dann das Schlachtfeld erreichten sahen wir zunächst noch mehr sogenannte „Verbündete“, also Frankreichs Feinde.
Dennoch hatten wir mit den Preußen ein nettes Gespräch, das sich vor allem um das Schuhwerk drehte.


Dazu dann noch einen schönen Fahrzeugpark.






Die Gendarmerie bewachte das Gelände und regelte dann den Strom der herummarschierenden Reenacter.

Na und die Kavallerie machte sich auch langsam fertig.






Das sieht doch schon mal gut aus, dachte ich.
Na und dann konnten wir schon mal leicht aufatmen. Wahre Verbündete gab es also doch noch:
Die Sachsen. Da waren sie. Treu an der Seite unseres Kaisers.




VIVE L’EMPEREUR
Na jedenfalls jetzt.
War ja auch noch vor der Schlacht.
An dieser Stelle bleibt aber mal festzuhalten, dass die Wankelmütigkeit der Sachsen gegen Ende der Schlacht von 1813, weiß Gott nicht die Auswirkungen hatte, die ihr dann später angedichtet wurden. Die 3000 bis 4000 Sachsen und ca. 500 württembergischen Kavalleristen, die da die Seite wechselten, waren nicht kriegsentscheidend.
Aber dennoch.
Man hatte den Kaiser verraten.
VIVE L’EMPEREUR
Das macht man nicht.
Na und dann darf man im Nachgang nicht darüber weinen, dass man im Französischen „C’est un Saxon“, sagt, wenn man über einen Abtrünnigen spricht.
Aber … ich vergebe ihnen, den Sachsen. Ich mag Leipzig, ich mag Dresden, warum soll ich Ihnen den Verrat nachtragen.
Lange waren SIE uns echte Verbündete…. und die Preußen haben Sie dann ja auch so bestraft:
57% des Territoriums und 42% der Bevölkerung stahlen die landhungrigen Preußen den guten Sachsen.
Pfui für die Preußen.
VIVE L’EMPEREUR

Wir schauten uns um, und plötzlich, ganz plötzlich, hörten wir etwas Vertrautes. Eine gar liebliche Melodie.

Taram-Tam- Taram-Tam- Taram-Tam- Taram-Tam
Ti-TiTiTi-TiTi-Ti-Ti-Rittiti
Ti-TiTiTi-TiTi-Ti-Ti-Rittiti

Da kamen Sie.
Endlich.
Die Franzosen.
Durch ein Waldstück hindurch, direkt auf mich zu.




VIVE L’EMPEREUR
Na und es wurden noch mehr.








Ja. Jetzt konnte es dann ja bald losgehen.
Noch ein Schwätzchen mit den Verbündeten.



Danach kamen dann noch Russen, nebst Baschkiren, Preußen, Braunschweiger, Österreicher.










Sogar Briten und KGL Truppen.









Ja. In Leipzig dürfen – ähnlich wie 2015 in Waterloo – auch alle mitspielen. Na und ich finde es mittlerweile wirklich nicht mehr störend.
Hauptsache die Franzosen gewinnen.
VIVE L’EMPEREUR

Auf dem Feld begannen sich die Truppen zu sammeln.



Dieser Herr hier erklärte uns Schlachtenbummlern den Verlauf des Gefechts. Wir fanden es sehr informativ.

An den Stellen, wo man dann auch das Geschehen genießen sollte, schwieg er.
Ein …
VIVE L’EMPEREUR …
dem Moderator, der seinen Job wirklich gut gemacht hat.
Informationen vermitteln, aber schweigen können an Stellen, wo man das besser sollte, das ist eine Kunst.
Na und er hat diesen Balanceakt wirklich gut gelöst.
Thema der diesjährigen Reenactmentveranstaltung waren die Kämpfe um Cröbern und die Schäferei Auenhain.

Wir bekamen erzählt, dass immer ein Teilaspekt der großen Völkerschlacht Thema des Reenactments sei, und das nun schon seit 30 Jahren.
Die Franzosen nahmen dann – von den Zuschauerplätzen aus betrachtet – am linken Feldrand Aufstellung. Rund um das mit kleinen Häuschen stilisiert dargestellte Dorf.


Vor der Linieninfanterie stand Artillerie und die leichte französische Infanterie rückte auch in ihre Positionen.



Letzteres fand ich richtig klasse. Die Leichten operierten quasi unmittelbar vor den Zuschauern.






Na und so konnte man das taktische Vorgehen hier perfekt erleben. Das hat uns sehr gut gefallen.
Natürlich bezog dann auch die sächsische Artillerie ihre Positionen.



Richtig beeindruckend waren die verbündeten Rheinbundtruppen, die zu einer recht großen Einheit zusammengefasst waren und im Parademarsch das Schlachtfeld betraten. Es sah gut aus, und ich muss dann auch als erfahrener Tabletopspieler sagen, dass sie wunderbar schwenkten und ihre Positionen wechselten. Dabei kamen Sie NICHT in Unordnung.




So muss das sein. Wie wir, und die Reenacter,  das mal gelernt haben (ein Insider ;-)) )
Einige Infanteristen mussten nochmals die Waffen überprüfen und reihten sich dann auch wieder in die Schlachtlinie ein.




Natürlich gab es auch Offiziere, die das alles begutachteten. Wie es sich gehört. Rumstehen, salutieren und gucken.

VIVE L’EMPEREUR
Plötzlich erschienen am rechten Feldrand die Gegner.

Tiroler Schützen und Jäger begannen zu plänkeln.



Dann marschierten die Preußen und Russen auf.



Die sächsische Antwort ließ nicht lange auf sich warten.

Schade, dass dann aber auch die Preußen ihre Kanonen aufs Feld gebracht hatten. Na du ich muss schon sagen …. Die 12 Pfünder rumsten schon ordentlich.

Die Plänkler beider Seiten bekämpften sich nun.


Das Gros der verbündeten Truppen ging jetzt zum Angriff über.







Auch Lützower Jäger rückten verdeckt vor.


Die Kavallerie versuchte einen Gegenangriff, musste sich aber vor den im Karree formierten Truppen zurückziehen.




Das Karree formierte kurz danach wieder in Linie um, und rückte weiter vor.





Die Franzosen standen in Linie und erwarteten den Gegner. Eine rollende Salve dröhnte.


Die Briten – wir stellen uns jetzt einmal vor, dass es eigentlich Österreicher wären -  rückten an der rechten Flanke vor, um die Franzosen zu umgehen.
Baschkiren und Lützower Jäger sicherten den linken Flügel.


Kurz darauf erschien die Verstärkung. Preußische Landwehr wurde nach vorne geworfen.




Ebenso weitere Artilleriegeschütze der Preußen.

Um die Lützower und die Baschkiren zu vertreiben, rückte die französische Leichte erneut vor.
Ihr Angriff war erfolgreich.







Als dann aber Schweden, Braunschweiger und Russen erschienen, wurde es wieder kritisch für die siegesgewissen Franzosen.




Die beiden Kampflinien standen sich gegenüber. Salven wurden gefeuert. Die Plänkler schlossen sich an de Linie an.







Dann rückten die Franzosen wieder vor. Nicht nur die Plänkler, sondern auch die nun eingesetzten Marines.






VIVE L’EMPEREUR
Landwehr und Plänkler standen im Pulverdampf. Aber aufgeben wollten sie nicht.



Nein.
Man formierte sich neu, und rückte dann wieder vor.

Die Rheinbundtruppen formierten sich, und die sächsische Artillerie an der Flanke verstärkte das Feuer.



Doch die preußische Artillerie antwortete sofort.

Egal, dachte der französische Kommandant und befahl …
„EN AVANT“!!

Das sah schon imposant aus. Vorrücken auf der ganzen Linie. Feuern. Vorrücken.



Die Gegner weichen geordnet zurück; eröffnen aber auch Ihrerseits das Feuergefecht.


Letztendlich mussten sich die Franzosen zurückziehen, und der Gegner besetzte das Dorf.









Obwohl noch weitergekämpft wurde, obwohl die Franzosen sogar noch das Dorf zu stürmen suchten,





wagte er sich vor…

ER!...
VIVE L’EMPEREUR
Mitten im Kampfgetümmel inspizierte er zusammen mit seiner Entourage und dem sächsischen König die Truppen.
VIVE L’EMPEREUR
ES LEBE DER KÖNIG …
schallte es aus den Kehlen.
Ein schöner Moment.







Damit endete die Schlachtvorführung.

Zum Abschluss schaute ich noch den abrückenden Leichten Infanteristen nach. Ein Chapeau an den Teilnehmer, der sich – trotz einer offensichtlichen Beinverletzung – da die ganze Zeit hindurch durchgekämpft hatte. Was tut man nicht alles für den Kaiser.
VIVE L’EMPEREUR




Also ich muss sagen, wir hatten schon jede Menge Spaß. Aber unser persönliches Highlight kam ja noch.
Ich hatte in der Menge einen Bekannten erspäht. Arndt. Vom 8ieme Regiment des Kaisers.
Ich bin ja mittlerweile so etwas wie ein Fan dieser Truppe, und bezeichne mich dann auch schon mal gerne als Schlachtenbummler, weil Die Jungs mir dann ja schon einmal über den Weg laufen, wenn ich im Auftrage des Kaisers unterwegs bin.
Arndt und seinen Sohn Philipp - letzterer in einer Uniform der Infanterie des Herzogtums Kleve-Berg,
VIVE MURAT, was sich auch als junger Rekrut so gehört, wenn man vom Niederrhein kommt, - trafen wir dann auch noch nach der Veranstaltung, als wir uns an verschiedenen müden Kriegern vorbei, zum Schloss in Markkleeberg zurückgezogen hatten.






Hier bekamen wir dann noch einige Details erklärt, und mein Freund Martin meinte danach:
„Geil. Alle Fragen, die ich zum Reenactment hatte beantwortet. Klasse!!! Na und dann noch so fachkundig und nett!!“







Schon klasse mal einen solchen Zündstein in seiner Bleiummantelung zu sehen, die Funktionsweise des Gewehrschlosses live und anfassbar zu sehen, und grundsätzliches und detailliertes Fachwissen zum Reenactment vermittelt zu bekommen.
Danke Arndt. Auch im Namen der Jungs. Na und danke Philipp, dass Du Deinen Vater hast erzählen lassen.
Diese verkürzte Originalmuskete aus dem Jahr 1812 zu halten, war für Martin eine Ehre, keine Aufgabe.

Arndt, Philipp. Es war einfach klasse Euch danach noch zu treffen und ein bisschen zu quatschen.
Gerne wieder; irgendwann, irgendwo anders auf einem Schlachtfeld des Kaisers.
VIVE L’EMPEREUR
Soweit zum Reenactment. Ein paar weitere Geschichten zu Leipzig werden noch folgen.
Lasst Euch überraschen.







LA VICTOIRE EST A NOUS