Der I. Weltkrieg, und erst recht die Schlacht bei Verdun, sind für mich persönlich der Inbegriff des Horrors. Die Sinnlosigkeit menschlichen Sterbens materialisiert sich nach meiner Meinung eben genau in den Materialschlachten des Ersten Weltkriegs. Was ein Unsinn für nur wenige Kilometer Geländegewinn Hunderttausende sterben zu lassen.
Der Erste Weltkrieg singt das Hohelied militärischer Blindgänger. Überalterte Offiziere, die noch an Strategien des vergangenen Zeitalters festhalten, ohne gemerkt zu haben, dass nicht mehr Sie entscheiden, sondern die Technik: Dass das Maschinengewehr die Macht übernommen hat.
Der Mensch reagiert instinktiv auf diese neue Waffe. Er gräbt sich ein. Bewegt sich nur noch aus dem Graben heraus, wenn er die Befehle dazu erhält. Lieber in den überfluteten Gräben Flanderns, Lothringens, Nord- und Ostfrankreichs stehen, als da rauszugehen.
Immer wieder die Einschläge der Artillerie hören, merken, spüren, ertragen, erdulden. Tote und Verwundetet um einen herum. Umgepflügte Erde, Leiber, die im Matsch eingedrückt liegen, und immer wieder aufs Neue emporgeworfen werden, nur um noch tiefer zu fallen. Gas, das durch Gräben zieht, das helle Läuten der Warnglocken, oftmals zu spät. Ersterbend, so wie der Mensch, dessen Warnung unglücklicherweise nicht mehr rechtzeitig kommt.
In Stahlgewittern, so nannte es der eine; im Westen nichts neues, der andere.
Zwei Romane. Jeder auf seine Art beklemmend. Jeder auf seine Art lesenswert.
Das alles schießt mir durch den Kopf, wenn ich den Namen der Stadt höre.
Ich finde es nicht weiter verwunderlich, dass viele Endzeitromane und Fantasy Filme, eben ein solches albtraumhaftes Schlachtfeld als ultimativen Ausdruck des Leidens abbilden.
Lest einmal die Dan Abnett Romane aus der Warhammer 40k Welt. Dann wisst Ihr, was ich meine.
Für mich ist der Erste Weltkrieg auch aus Gründen der Pietät ein schwieriges Thema.
ZUM GLÜCK hat fast meine gesamte engere Verwandtschaft den II. Weltkrieg überlebt, einmal abgesehen vom Bruder meiner Großmutter mütterlicherseits.
Schlimm genug, aber viele Verwandte, die ich noch persönlich gekannt habe, haben unter Themen wie Bombennächten, Flucht, Vertreibung, Kriegseinsatz, also dem ganzen Programm, gelitten ...
Da hätte es - rein statistisch - viel schlimmer ausgehen können.
Im Ersten Weltkrieg allerdings fiel mein Urgroßvater. Direkt am Anfang. Noch beim Vormarsch in Frankreich. Mein Großvater, der zum Glück sehr alt wurde, hatte seinen Vater nie kennengelernt. Als er am 26.12.1914 auf die Welt kam, war er bereits Kriegswaise.
Das hat mich immer erschüttert, vor allem, wenn der Opa das ganz sachlich erwähnte. Ich fand es als Kind schon immer so traurig ohne seinen Vater aufwachsen zu müssen. Und dieses Gefühl der Wehmut, der Einsamkeit und Ödnis, des Verlassenseins holt mich immer ein, wenn ich mich mit dem I. Weltkrieg auseinandersetze.
Auch jetzt während ich diese Zeilen schreibe.
Wenn der ganze Schwachsinn wenigstens einen Sinn gehabt hätte.
Aber nein. Wie die Schlafwandler (Christopher Clark: Die Schlafwandler: Wie Europa in den ersten Weltkrieg zog) schwankten die Nationen in den Ersten Krieg. Die Herrscherhäuser untereinander versippt, dass es eigentlich eine Freude hätte sein müssen.
Aber Familienzwiste sind oftmals die schlimmsten, die am erbittertsten geführten. Na, wen wundert es dann im Grunde.
1916 war dieser Zwist dann schon 2 Jahre alt. Die Front im Westen im Stellungskrieg erstarrt. Beide Seiten machten Pläne, um das Jahr 1916 mit DER Entscheidungsschlacht zu beginnen.
Die Deutschen waren in ihrer tödlichen Planung schneller und eröffneten die Schlacht.
Wo?
In Lothringen, bei Verdun.
Den Plan zum Schlachten hatte der deutsche Generalstabschef Erich von Falkenhayn entwickelt. Durch einen Bericht, den er nach dem Krieg veröffentlichte, und der im Prinzip eine spätere Rechtfertigung seines Handelns darstellt, wurde die Schlacht um Verdun idealisiert: Sie sei von Anfang an so geplant gewesen, nämlich möglichst viele Truppen nach Verdun zu ziehen, um die französische Armee ausbluten zu lassen. Diese Sichtweise wird mittlerweile von der Forschung doch kritischer betrachtet.
Auch bei Verdun sollte ein Durchbruch erzielt werden. Es sollte IMMER ein Durchbruch erzielt werden. Wenn vielleicht auch nicht direkt bei Verdun, dann doch als Folge der Schlacht.
Lassen sie sich von keinem Autoren, Historiker oder Militär verwirren. Das strategische Prinzip war und ist im I. Weltkrieg – und nicht nur in diesem - der Durchbruch. Wenn der wieder einmal nicht gelang, ja dann waren die Herren schnell dabei etwas zu erklären, etwas schön zu reden, etwas nachträglich zu analysieren. Das war auch bei Verdun der Fall.
Wäre es zu einem Durchbruch gekommen, wäre Paris tatsächlich in Gefahr gewesen, denn die Wegstrecke von Verdun nach Paris beträgt mal gerade 261 km.
Die Verluste, die allerdings im Laufe der Verdunschlacht zu verzeichnen waren, waren dann allerdings so hoch, dass man der deutschen Bevölkerung schon eine sinnige Erklärung liefern musste, warum da so und genau in dieser Art gestorben wurde.
Na und Erklärungen wie, Entlastung anderer Frontabschnitte, Binden des Gegners an einer bestimmten Stelle, ”Ausbluten” bzw. im Original Falkenhayns ”Weißbluten” der französischen Armee, das war griffig, wenn auch gelogen.
Es handelt sich einfach um eine perfekte geschichtsrevisionistische Darstellung in den Memoiren Falkenhayns. So einfach ist das. Ich bezweifle, dass es die berühmte Weihnachtsdenkschrift – in der Falkenhayn dargelegt hat, wie er sein Konzept dem Kaiser erklärt -überhaupt gab. Gefunden hat man sie nie.
Militärische Blindgänger finden immer Entschuldigungen. So auch Herr von Falkenhayn.
Leider wird das Falsche so gerne wiederholt. Nicht nur auf dem Schlachtfeld, sondern auch und gerade in der Literatur. Deshalb findet sich noch heute so oft die Darstellung von Falkenhayns in der Literatur. Schlimm. Wirklich schlimm.
An dieser Stelle einfach eine Pflichtlektüre: Olaf Jessen, Verdun 1916. Urschlacht des Jahrhunderts. Einfach lesen. Richtig gut und trotz des dramatischen und traurigen Hergangs ein tolles Buch.
http://www.amazon.de/Verdun-1916-Jahrhunderts-Olaf-Jessen/dp/3406658261/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1454707385&sr=8-1&keywords=verdun
Am 21. Februar 1916 um 8:12 deutscher Zeit (7:12 französischer Zeit) begann die Schlacht, also heute vor 100 Jahren.
Über 1200 Geschütze aller Kaliber eröffneten das Feuer. Über 9 Stunden fegte das Trommelfeuer ununterbrochen über das Land. Über alle Verteidigungslinien der Franzosen. Etwa 100.000 Einschläge pro Stunde.
Die Deutschen hatten hier mehr als 500.000 Soldaten der 5. Armee konzentriert (Zwischen Februar und September 1916 hatte die 5. Armee eine durchschnittliche Iststärke von 573.000 Mann; Fischer/Klink: Spurensuche bei Verdun, Bonn ³2014, S. 106).
Ihnen gegenüber lagen 200.000 Franzosen. Am ursprünglichen Angriffstermin, dem 12. Februar, waren in der befestigten Region Verdun nur 5. Divisionen eingesetzt. Bis zum 21. Februar war dieser Bestand fast auf das Doppelte angewachsen. Die Franzosen hatten auf warnende Rufer in den eigenen Reihen gehört, die die Verteidigungsfähigkeit Verduns kritisiert hatten. Die Verstärkung war NICHT das Ergebnis der Aufklärung. Die Vorbereitungen der Deutschen blieben weitgehend unbemerkt (Jessen, Olaf: Verdun 2016, München 2014, S. 106).
Bald sollte man überall Namen hören, die sich in das Gedächtnis zweier Nationen eingruben: Fort Douaumont, Höhe ”Toter Mann”, Höhe 304, Fort Vaux.
Die Schlacht sollte dann bis in den Dezember andauern. “Nach dem Ausklingen der Schlacht, nach dreihundert Tagen, dreihundert Nächten und rund 150.000 toten Soldaten des Kaisers hat sich die deutsche Front alles in allem höchstens vier Kilometer nach Süden bewegt – ein Tagesgewinn von durchschnittlich 13 Metern. Die Hölle von Verdun endet beinahe dort, wo sie begann.” (Jessen, S. 326).
Vor Verdun waren insgesamt 2,5 Mio. Soldaten im Einsatz. Auf beiden Seiten starben geschätzt jeweils mehr als 100.000 Soldaten. Für das Verhältnis Verwundete zu Toten wird eine Quote von 3:1 angesetzt.
Somit ergeben sich also ca. 300.000 Verwundete pro Seite. Pro Seite.
Folglich reden wir von Gesamtverlusten von mehr als 800.000 Soldaten.
...
Jetzt halten wir erst einmal inne.
...
Man muss sich einfach vorstellen, dass Stunde um Stunde fast 100.000 Granaten und Minen im Raum Verdun explodierten. Tausende Geschütze die feuerten. Die Granatenexplosionen gingen in die Millionen.
Millionen.
...
Ich wollte dieses Schlachtfeld schon immer besuchen und 2014 war es dann soweit. Mit zwei Freunden machte ich mich auf den Weg. Auch von mir aus sind es nur 288 km bis Verdun. Nein. Ich wohne nicht in Paris. Ich wohne in der Nähe des Rheins.
Obwohl das Schlachtfeld um die Ecke ist, hatte ich es bisher nicht besucht. Vielleicht eben genau wegen des merkwürdigen Gefühls, das ich oben beschrieben habe.
Unser Weg führte uns zunächst zum berühmten Beinhaus von Douaumont, also zu dem Ehrenmal, wo die Gebeine von mehr als 135.000 Toten gesammelt bestattet liegen.
Ein gruseliger Ort. Ein beeindruckendes Gebäude.
Es wurde in den 20er Jahren erbaut; die offizielle Weihe erfolgte im Jahr 1932. Eine Halle fast 140 Meter lang mit dem 46m hohen ”Tour des morts”.
Mir gefällt die Idee, dass es sich um ein Schwert handelt, das bis zur Parierstange in die blutdurchtränkte Erde gerammt ist und nur das Heft, eben der ”Tour des morts”, noch herausschaut.
Das gibt dem ganzen etwas Episches. Wenn fürchterlich, dann bitte schon würdevoll.
Wenn widerlich, dann doch wie bei König Artus.
Na und die Schneide ist begraben. Das ist doch gut.
Leider musste es noch einen Zweiten Weltkrieg geben bis diese Schneide endgültig im Erdreich versank, doch heute nach 50 Jahren Deutsch-Französischem Vertrag können wir in beiden Ländern stolz sein, dass wir das Schlachtfeld gemeinsam ohne Hassgefühle besuchen können.
Eine besondere Leistung von Menschen nach einer solch hasserfüllten Beziehung.
So war es geradezu bezeichnend, dass wir die junge Dame am Eingang mit radebrechendem Französisch begrüßten, und sie uns in einem entzückenden Deutsch antwortete und uns alles erklärte:
Ich sag es immer wieder. Ich kann NICHT bestätigen, dass Franzosen nur französisch sprechen wollen.
Vielleicht bin ich ja auch einfach höflich und spreche die Menschen erst einmal in Ihrer Heimatsprache an, und guck dann was passiert. Mal so als Tipp.
Irgendwie war ich nicht mehr Fremder in diesem Moment. Sondern Teil einer funktionierenden Erinnerungskultur. Ein Gefühl, das mir wirklich gefiel.
Das Innere der Ehrenhalle ist würdevoll, in ein ganz bizarres Licht getaucht. Die Halle wirkt dabei wie eine Kathedrale. Entrückt. Nicht weltlich.
Im Turm selbst finden sich Ausstellungen von Uniformen und Kopfbedeckungen der Kriegsgegner.
Hier herrscht dann wieder der Realismus, die pure Moderne. Repräsentiert im beeindruckenden Treppenhaus.
Erschütternd, wenn man dann im Außenbereich nochmals um die Stätte geht und durch die Fenster schaut, die sich rund um das Gebäude ziehen. Ja ... es ist ein großer Sarg. Ein Beinhaus eben.
...
Was mir schon von der Spitze des Turmes aufgefallen ist, und das was man auch als Besucher von Verdun unbedingt sehen will, ist die immer noch, nach 100 Jahren zerstörte und vernarbte Erde.
Von Granattrichtern durchzogen. Sichtbar, fühlbar.
Diesen Blick sollten wir noch mehrfach auf unserem Besuch sehen. Nicht nur an dieser Stelle. Im Grunde überall.
Verdun wiederum selbst ist eine entzückende, typisch französische Kleinstadt mit gerade einmal 18.000 Einwohnern.
Am Morgen unseres zweiten Besuchstages nahmen wir in einem Eckcafe – fast direkt gegenüber des Memorials – einen irrsinnig guten Kaffee zu uns.
Danach sahen wir uns kurz die Stadt an. Natürlich wurden die Kriegszerstörungen direkt nach dem Ersten Weltkrieg wieder beseitigt und die Stadt neu aufgebaut. Deshalb prägen auch Bauten der 20er Jahre den Baustil direkt am Maasufer.
Die Kathedrale und das Zolltor (Porte Chaussée) lassen erahnen, dass die Stadt im Hochmittelalter schon ein bedeutendes Zentrum war.
In der Krypta der Kathedrale, die erst wieder nach den Bombardierungsschäden des Ersten Weltkriegs überhaupt freigelegt wurde, wird die Schlacht ebenfalls thematisiert. Die Kapitele mancher Säulen tragen das Bild französischer Soldaten.
Natürlich finden sich auch überall im Stadtgebiet Erinnerungen an die Verdun Schlacht. Das monumentale Siegesdenkmal beherrscht quasi direkt die Innenstadt.
Sehenswert ist auch der Bischofssitz, der im Barockstil erbaut ist, sich direkt an die Kathedrale anschließt und der das Weltfriedenszentrum beherbergt.
Ein weiterer zentraler Punkt der Schlachterinnerung ist das Kriegerdenkmal (Monument aux morts) an der Porte Chaussée.
Symbolhaft sind hier die 5 Waffengattungen des französischen Heeres dargestellt: Kavallerie, Artillerie, Infanterie, Pioniere, Landwehr. Sie stehen Schulter an Schulter: ”On ne passe pas” (Kein Durchkommen).
Anbei noch ein paar Impressionen aus dem Stadtkern des verschlafenen Nests.
Begibt man sich wieder zurück in Richtung Schlachtfeld kommt man auch schon am nächsten Soldatenfriedhof vorbei. Überall Erinnerungen.
Der ”Schlachtenbummler” wird auf dem Gelände auch sehr gut geführt. Hier ein paar Beispiele von Schautafeln, die in drei Sprachen gehalten sind. Dadurch kann man sich auch entsprechend orientieren.
Dieses war im Jahr 2014 geschlossen, weil es für die Erinnerungsfeierlichkeiten 2016 komplett neu überarbeitet und auch erweitert wurde.
Pech für uns, aber gleichzeitig auch eine Chance, um dieses oder nächstes Jahr nochmal hinzufahren.
Man glaubt es kaum. Aber man sollte schon 3 komplette Tage für einen Besuch in Verdun einplanen.
Den einen Tag braucht man schon, um das Beinhaus, und danach eines der Forts - die Forts Douaumont oder Vaux - zu besichtigen.
Den zweiten Tag kann man in der Stadt und der dortigen Zitadelle verbringen, die wir beispielsweise aufgrund der knappen Zeit gar nicht ins Programm aufnehmen konnten, und sich dann dem zweiten Fort zuwenden.
Ein dritter Tag empfiehlt sich zum Wandern in Richtung der Höhen Toter Mann oder 304, um auch den westlichen Teil des Schlachtfeldes einmal erfassen zu können. Na und danach muss man ja noch auf dem Rückweg am Memorial vorbei.
Danach ist man dann auch deprimiert genug, um wieder nach Hause zu fahren.
Was ich auch sehr krass fand, sind die berühmten 9 Dörfer, die nach offizieller französischer Schreibweise ”für das Vaterland gefallen sind”.
Alle Dörfer lagen inmitten der deutschen Offensive und wurden komplett zerstört. Was heißt zerstört. Sie wurden quasi pulverisiert.
Es handelt sich um folgende Orte: Beaumont, Bezonvaux, Cumières, Douaumont, Louvemont, Fleury-devant-Douaumont, Haumont, Louvement, Ornes, Vaux.
Wir waren in Fleury-devant-Douaumont.
Abbé Theiller de Poncheville hat es in seinem Buch ”Dix mois à Verdun” treffend geschildert:
”… Zuerst wurden die Häuser reihenweise durch Kugelhagel und Brand zerstört; die Dächer stürzten ein, durchlöcherte, verbrannte Mauern stürzten auf die Straße, in den Garten, mit ihrem schiefen krummen Dachgebälk, ihrer geschändeten Intimität, ihren Bettrosten und Matratzen … Der Gestank eines Massengrabes hängt in der Luft. Nicht weit von den alten Toten des verwüsteten zivilen Friedhofs, dessen Gräber offen liegen, liegen die neuen Toten in Horizontblau oder Feldgrau … Die Heftigkeit der Kämpfe hat alles gesprengt. Die Granaten sind auf die mit dem Blut der Kämpfenden getränkten Ruinen niedergeprasselt. Sie waren übersät mit Leichen, von den Ratten schon angefressen und in einem fortgeschrittenen Zustand der Verwesung, übersät mit den Überresten von Kriegsgerät, verrosteten Gewehren, abgebrochenen Schaufeln, Stacheldraht … Man erkennt die Stelle, an der sich das Dorf Fleury befunden hatte, an der Farbe ihrer Steine, zerstreut wie Haufen weißen Schaums, der ununterbrochen auseinandergestoben wird …”
Heute ist da nichts mehr. Nur noch Gras, eine Kapelle, überwachsene, aber durchgewählte Erde. Gedenksteine, die die Position der Straßen und der Gebäude zeigen.
Orte der Stille, die an den Irrsinn erinnern sollen.
Beeindruckend, dass Ihrer immer gedacht werden soll. Denn die Rechtspersönlichkeit der Ortschaften wurde beibehalten. Es gibt weiterhin einen Bürgermeister.
Wüstungen zwar, aber Wüstungen, die nicht vergessen sein sollen.
Das hat mich schon tief bewegt, als ich da stand, und die obige Geschichte nochmals auf der Informationstafel gelesen hatte.
Von den Befestigungen rund um das Fort de Souville, von dem auch nur noch Teile erhalten sind, haben wir uns die kleine Casemate Pamart angeschaut.
Die ist aus einem ganz bestimmten Grund interessant. Nichts imposantes, aber … 1917 erbaut. Also nach der eigentlichen Verdun Schlacht. Man sieht, dass der Ausbau der Festung auch noch mitten im Krieg als wichtig angesehen wurde.
Durch diese Kleinbunker – 2,5 t schwer, mit einer Panzerung von 14 cm -, in denen zwei Maschinengewehre montiert waren, sollte die Feuerkraft der Festungen nochmals gesteigert und gleichzeitig der Nahangriffsbereich noch besser abgedeckt werden.
Das älteste Monument des Schlachtfeldes muss bei einem Besuch in Verdun natürlich aufgesucht werden:
Der Bajonettgraben; 1919 von einem Amerikaner privat finanziert, 1920 eingeweiht.
Die Legende, dass hier ein Graben zugeschüttet wurde, wo tote Soldaten in Erwartung des Befehls aufrecht stehend durch einen Granateneinschlag umkamen und zugeschüttet wurden, stimmt so nicht.
Im Graben befanden sich wirklich tote Soldaten, die bei einem deutschen Vorstoß ums Leben gekommen waren. Das konnten mittlerweile auch Untersuchungen belegen. Der Graben wurde dann von den Deutschen zugeschüttet, und die eingesteckten Bajonette dienten als Markierung des Platzes.
Über diesen Graben wurde dann das Denkmal gebaut.
Die ursprünglich tatsächlich vorhandenen Bajonette wurden dann von Grabschändern, die sich selbst als Souvenirjäger bezeichnen, über die Jahrzehnte doch tatsächlich stückchenweise entfernt.
Unmöglich.
...
An dieser Stelle mache ich jetzt einen Break.
Zwei Berichte werden noch folgen.
Der eine beschäftigt sich mit dem Fort Douaumont.
Der andere mit Fort Vaux.
Noch hat das Grauen kein Ende.
Ich denke, es geht Euch wie mir. Für einen Bericht war das jetzt im Grunde schon genug.
Aber es kommt noch mehr.
100 Jahre Erinnerung.
Heute.
21.2.2016
Sehr gut geschrieben und ziemlich eindrucksvoll. Auch die Bilder konnten gut das dokumentierte untermauern. Verdun scheint wirklich mal eine Reise Wert zu sein.
AntwortenLöschenIch habe kürzlich eine Doku gesehen, die sich eben mit diesem Thema beschäftigt hat. Selbige war sehr gut gemacht und konnte einem wirklich sehr gut diese ganze Sinnlosigkeit nahebringen. Dein Bericht ist ebenfalls sehr beeindruckend. "Schön" mal so etwas aus einer eher persönlichen Perspektive zu lesen.
AntwortenLöschenVielen herzlichen Dank für Ihren sehr persönlich gehaltenen Bericht über die Reise nach Verdun die Ihnen und uns sehr beeindruckt hat. Es ist auch hervorzuheben, das Sie nicht versuchen, einseitig über dieses Thema zu berichten! Ihr Gedenken gilt, so weit ich es lesen konnte, dem Opfer auf der deutschen und der französischen Seite gleichermaßen! Das hinterlässt bei uns Lesern ein ausgleichendes, beruhigendens Gefühl der gemeinsamen Trauer und der Vergebung allen Unzulänglichkeiten gegenüber. Möge Gott Ihnen Zuversicht und einen klaren, übersichtlichen Gerechtigkeitssinn hinweg, über alle Gräber dieses ersten Weltkrieges verleihen! Alle Besucher, alle noch dort Suchende werden Ihnen für Ihre Recheche dankbar sein....
AntwortenLöschenIch danke Ihnen sehr für diesen Kommentar. Nicht jeder schreibt so ausführlich und nimmt sich die Zeit. Ich habe 'versucht' eine Objektivität zu wahren und das Grauen zu beschreiben. Schön, wenn Sie meinen, dass es mir gelungen ist.
AntwortenLöschenVielen Dank.
Oh, jetzt habe ich mich leicht missverständlich ausgedrückt. Ich wollte IHNEN danken, dass sie so ausführlich geantwortet und sich die Zeit genommen haben. Da könnte man meine Antwort falsch lesen.
AntwortenLöschenAlso nochmals danke dafür.