Samstag, 16. Juli 2016

Fallschirmjäger - Museum Overloon

Die Geschichte der Fallschirmjäger hat mich schon immer gefesselt. Das lag sicherlich daran, dass ich auch noch Zeitzeugen kannte, die als Fallschirmjäger im Zweiten Weltkrieg gedient hatten.
Da war der Vater meines Freundes, der während der Schlachten in Cassino und Anzio in Italien eingesetzt, und auch verletzt worden war.
Da war mein Großvater, der noch im Jahr 1944 auf die Fallschirmspringerschule nach Wittstock geschickt worden war, als das Luftwaffenpersonal nach kampftauglichen Truppen durchkämmt wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt war er einer Abteilung zugeordnet, die Frühaufklärung von feindlichen Truppenansammlungen mittels sogenannter „Horchapparate“ durchgeführt hatte.
Ich weiß nicht, ob es sich hierbei noch um sogenannte Richtungshörer oder schon um frühe Radargeräte zur Fernerkundung handelte.
Unsere Reisen in die Normandie und nach Arnheim haben dieses Interesse noch verstärkt.
Wer die Museen noch nicht aus eigener Erfahrung kennt:
Fahrt bitte unbedingt hin.
Da ist zum einen das Museum der britischen Fallschirmjäger bei Benouville, in unmittelbarer Nähe zur Pegasusbridge, also der Brücke, die in der Nacht vom 5. auf den 6. Juni 1944 handstreichartig genommen wurde.
Das Museum ist überragend. Die Operationen der Fallschirmjäger sind perfekt dargestellt. Die Exponate suchen ihresgleichen.
Gleiches oder ähnliches findet man natürlich auch in St. Mere Eglise in der Normandie, wo man dann museal quasi das Pondon der amerikanischen Luftlandestreitkräfte vorfindet.
Das Museum in St. Mere Eglise überrascht durch seine Vielfalt. Immer wieder beindruckend neben den ganzen Uniformen und Großgeräten, die Kleinigkeiten, die aber zu einem Leben des Soldaten gehören und sich liebevoll aufgereiht in Vitrinen wiederfinden. Sei es das Zigarettenpäckchen, sei es der Kaugummi oder sonst auch was.
(Ja, ja meine lieben Leser. Bilder und Berichte zu den Museen der Normandie wird es dann in der zweiten Jahreshälfte geben. Ich lasse Euch doch nicht im Regen stehen).
Ähnlich überzeugend dann natürlich auch die Ausstellung in der Villa Hartenstein in Arnheim zur Operation Market Garden.
Hierzu habe ich ja schon an anderer Stelle etwas geschrieben.
http://thrifles.blogspot.de/2015/11/airborne-museum-in-arnheim-villa.html
Eine vergleichbare Darstellung der deutschen Fallschirmjäger findet sich nicht in der Normandie. Warum auch? Es gibt eine kleine museale Aufarbeitung im Haus Dead Man’s Corner, weil hier kurzfristig der Stab des 6. Fallschirmjägerregiments unter Major von der Heydte lag.
Ich war zwar schon zweimal im dazugehörigen Shop, aber ins Museum hat es mich noch nicht verirrt.
Frank hat auf seinem BLOG das mittlerweile vergrößerte Museum beschrieben.. Beide Artikel lohnen sich:
https://tabletopdeutschland.wordpress.com/2016/07/08/dead-mans-corner-teil-1/
https://tabletopdeutschland.wordpress.com/2016/07/14/dead-mans-corner-teil-2/
In Deutschland kann man natürlich erst Recht nicht eine größere museale Rezeption der Geschichte der deutschen Fallschirmjäger erwarten.
Militärgeschichte gerade des Dritten Reiches ist und bleibt hier schwer darzustellen. Eine reine Uniformschau ist nicht möglich. Regimentsmuseen wie in England gibt es nicht. Die Rezeption der Thematik bietet immer noch zu viel Zündstoff und zieht dann auch leider – was man sicherlich nicht will - immer noch die ewig Gestrigen an. Warum bitteschön soll sich ein Museum in Deutschland den Stress geben?
Ein kleines Museum hat dafür nicht das Geld, größere Museen ignorieren bzw. verneinen die Thematik.
Militärgeschichte als Tourismusaspekt zieht nur im benachbarten Ausland. Da aber wirklich sehr gut.
Das einzige Museum, das in der Bundesrepublik diesen Spagat gut hin bekommt, ist das Panzermuseum in Munster.
Munster ist das Paradebeispiel, dass es nicht ganz unmöglich ist, Geschichte auch einer sehr bedenklichen Zeit, erfolgreich und neutral darzustellen, selbst wenn dabei Waffen und Panzer ausgestellt werden. Auf das Konzept und die Glaubwürdigkeit kommt es einfach an.
Eine didaktisch vernünftig aufgebaute Ausstellung zu den Wehrmachts- und Waffen SS Einheiten würde nach meiner Meinung  sogar zur Entmystifizierung einiges beitragen können.
Denn eines muss auch klar hervorgehoben werden: Eine quellenkritische Rezeption des Themas findet im europäischen Ausland nicht statt.
ALLE Fallschirmjägermuseen sind Militärmuseen der klassischen Art und Weise. Sie zeigen und kommentieren – wenn überhaupt - die Exponate. Sie hinterfragen nicht, und analysieren auch nicht die Thematik als solche.
Ihr könnt Euch nun sicherlich vorstellen was ich empfand, als ich im Widerstandsmuseum in Overloon – ja, die Ausstellung ist im WIDERSTANDSMUSEUM, nicht im Marshall Museum in Overloon -, einen großen Raum betrat, reinschaute und mir die Kinnlade runterklappte.
Was ist denn jetzt los?


Auf einer Tafel las ich den folgenden Text:
„Fallschirmjäger bedeutet frei übersetzt Parakommando. Die Fallschirmjäger waren im Zweiten Weltkrieg die militärischen Elitetruppen der deutschen Wehrmacht. Die deutsche Wehrmacht war die erste Armee, die ab 1936 in großem Umfang Militärfallschirmspringer ausbildete, um sie hinter den feindlichen Linien einzusetzen.
Die Fallschirmjäger gehörten der Luftwaffe an und bildeten darin eine eigene Division, die 7. Fliegerdivision. Diese Division war zu Beginn des Krieges überall in Europa an der Besetzung beteiligt. Später im Krieg, als sich das Blatt für das Hitler Regime wendete, führte der Widerstand von Fallschirmjägern häufig zu Verzögerungen beim Vormarsch der Alliierten.
Einer der größten Einsätze, bei denen Fallschirmjäger mittels Luftlandungen die Hauptrolle spielten, war die Besetzung Kretas im Jahr 1941. Dabei kamen jedoch so viele deutsche Soldaten ums Leben, dass Hitler beschloss, Luftlandungen nicht länger in großem Umfang als Waffe einzusetzen. Die Folge davon war, dass diese Parakommandos ihre Mission nahezu ausschließlich vom Boden aus ausführten.
Aber sie wollten die Ehrenbezeichnung „Fallschirmjäger“ beibehalten.
In diesem Saal erhalten sie einen Eindruck der Rolle der Fallschirmjäger in einigen bedeutenden Augenblicken der Kriegsgeschichte des Zweiten Weltkriegs. Die Sammlung, die sie hier sehen, wurde dem Museum als Leihgabe überlassen.“ (Tafel im Museum in Overloon)

Na ich war jetzt erst einmal völlig baff, und meine Begleiter natürlich auch.
Mit allem hätten wir gerechnet. Aber doch nicht damit. Wohlgemerkt. Wir sind hier in einem Museum in den Niederlanden. Historisch gesehen haben die Holländer wirklich alle Gründe nicht gut auf deutsche Fallschirmjäger zu sprechen zu sein. Die Fallschirmjäger waren entscheidend an der Besetzung des Landes im Jahr 1940 beteiligt. In den Gefechten um Arnheim und Nimwegen im Jahr 1944 waren auch deutsche Fallschirmjäger als Bodeneinheiten beteiligt. Die Rückzugskämpfe des Jahres 1944/45 wurden nicht nur in Overloon und Venray, sondern auch an anderen Frontabschnitten entscheidend von deutschen Fallschirmjägern mitgeprägt.
Die 6. Fallschirmjägerarmee hielt bis zur Kapitulation einen großen Teil des Landes besetzt.
Na und jetzt so etwas.
In acht großen Schaukästen ist die Geschichte der Deutschen Fallschirmjäger mit Hilfe von Figurinen entsprechend dargestellt.
Dabei sind nahezu alle Uniformen der Fallschirmjäger dargestellt, die es gab.
Da sind zum einen die Uniformen der frühen Fallschirmjäger des Jahres 1940, die zusammen mit ihren holländischen Gegnern in einer Vitrine ausgestellt sind. Man sieht die Luftwaffenuniform der Offiziere, aber auch den frühen Knochensack.






In der nächsten Vitrine sind die Uniformen ausgestellt, die im Afrikafeldzug getragen wurden. Sehr schön halt auch das ganze Gerödel, das dargestellt wird: Munitionstaschen, Kartentasche, Fernglas etc. etc.





Ja sogar Brille und Pfeife finden sich wieder.

Die direkt anschließende Vitrine zeigt die Uniformentwicklung, die dann vor allem auch in Sizilien und Italien getragen wurde.





Ein Uniformmix zwischen Tropenuniform (Hose, Hemd) und Knochensack in verschiedenen Tarnmustern. Auch hier zeigen die Figurinen wieder alle erdenklichen Ausrüstungsgegenstände.
In einer weiteren Vitrine finden sich dann Orden, Abzeichen, Urkunden, Uniformen und Propagandamaterial. Vor allem bei dieser und der anschließenden Vitrine fehlten mir dann die Kommentare. Sehr interessante Exponate, aber ich hoffe, dass hier noch ein paar Erklärungstafeln hinzukommen.








Die nächste Vitrine folgt im Konzept der eben beschriebenen. Im ersten Teil wird die Brutalität der Kämpfe anhand von Totenzetteln gefallener Fallschirmjäger thematisiert. Eine stille, aber zum Nachdenken anregende Botschaft.










Nun folgt die Darstellung der Fallschirmjäger während der Kämpfe in den Niederlanden 1944/45.
Der Uniformmix während der Endphase des Krieges wird hier entsprechend dargestellt. Auch wieder sehr detailliert und mit einer Fülle von Exponaten.






In der nächsten Vitrine sind dann Fallschirmjäger in ihrem typischen Equipment während der Kämpfe in Italien im Bereich Monte Cassino und am Gran Sasso dargestellt.




Die letzte Vitrine zeigt dann Fallschirmjäger an der Ostfront. Alle für den Winterkampf mit der entsprechenden Tarnung versehen.





Somit zeigt die Ausstellung einen tollen Querschnitt der von den deutschen Fallschirmjägern getragenen Uniformen, und des von ihnen verwendeten Materials.
Trotz der Kompaktheit der Ausstellung werden alle Uniformentwicklungen gezeigt und entsprechend dargestellt.
Für Modellbauer, Wargamer oder andere uniformkundlich interessierte Personen somit eine wahre Fundgrube, und auf jeden Fall besuchenswert.
Wir waren jedenfalls begeistert, hatten wir doch vieles noch nie im Original gesehen.
Abschließend möchte ich hier nochmals festhalten, dass das Museum in Overloon von mir eine absolute Besuchsempfehlung bekommt. Der Mix aus Widerstandsmuseum und Militärmuseum ist extrem gut gelungen.
Die Dokumentation der Kämpfe um Venray und Overloon nahezu perfekt.
Na und der Part mit den deutschen Fallschirmjägern ist für mich ein Highlight, weil eben diese vielen verschiedenen Uniformen dargestellt sind, die man als Modellbauer auch einmal gerne im Original sehen möchte.
Meinem Großvater hätte die gesamte Ausstellung gefallen. Leider kann ich sie ihm nicht mehr zeigen.
Aber ich denke, er hätte mich danach angeschaut und gesagt: „Was ein Glück Junge, dass wir uns heute alle verstehen. So etwas wie damals, braucht man wirklich nicht mehr.“

I was always fascinated in the history of airborne troops. Maybe because I knew veterans of the german Fallschirmtruppe.
There was the father of a friend of mine, serving at Monte Cassino and in Anzio.
There was my grandfather, a late war paratrooper (Paratrooperschool Wittstock in 1944).
My visits in normandy have increased the interest.
I really recommend everyone of you to visit the museums there:
First of all there is the museum in Benouville near the Pegasus Bridge. Here you are informed about the british paratroopers in the normandy figthing.
The american equivalent you can find in St. Mere Eglise.
Also you can visit the airborne museum in Arnheim, Villa Hartenstein. I have reported some months ago.
But, is there a similiar exhibition of the german paras? The Fallschirmjäger?
In Normandy you can find a small exhibition at Dead Man’s Corner. At the beginning of the normandy battle Fallschirmjägerregiment 6 had here its headquarter with Major von der Heydte.
Have a look at Frank's report:
https://tabletopdeutschland.wordpress.com/2016/07/14/dead-mans-corner-teil-2/
In Germany  military history, especially of the 3rd Reich, is difficult to present. There are no regimental museums. A pure uniform collection of World War II. units? No interest.
World War II. as a tourism magnet worked in the adjacent countries, but not in Germany. Understandable.
Here the history of military units of the 3rd Reich is always a balancing act for museums.
The only museum that managed  the challenge is the Panzermuseum in Munster.
In my opinion an examination of Wehrmacht and Waffen SS units in a critical way and in an permanent exhibition would be a great step in understanding AND demystifying the units.
In Overloon you find a really great exhibition of the uniforms of the german Paratroopers. We were really surprised.  The visitor is informed with the following sentences:
„Fallschirmjäger translates freely as Paratroopers. The Fallschirmjäger were, during the Second World War, the military elite troops of the german army. The german army, from 1936, was the first army to train military parachutists on a large scale for dropping behind enemy lines.
The Fallschirmjäger was part of the Air Force and formed a separate division within the force, the 7th Air Division. From the start of the war, this division was involved everywhere in the occupation of Europe. Later in the war, when the tide turned against the Hitler regime, the Fallschirmjäger’s opposition often made the Allies‘ advance difficult.
One of the largest campaigns, in which airborne landings by the Fallschirmjäger played the main role, was the occupation of Crete in 1941. However, during this so many German soldiers lost their lives, that Hitler decided not to deploy airborne landings on such a great scale as a weapon. A consequence of this was that these Paras performed almost solely ground-based duties. However, they were allowed to keep the name Fallschirmjäger.
In this hall you can get an idea of their role in some of the most important moments in the military history of the Second World War. The collection you can see here is on loan to the museum.“
(Board in the Overloon Museum)
Really great to find such a museum in the netherlands, a country that had bitter experiences with german paratoopers, because the paras were spearhead of the invasion in 1940, but also in the fightings of 1944/45.
In 8 displays different uniforms and equipment are shown.
1) Early War
2) Africa
3) Sicily and Italy
4) Different personal belongings. Propaganda material. Officers uniforms and so on.
5) Similiar to the fourth display.
6) Netherlands 1944/45
7) Monte Cassino and Gran Sasso
8) Paratroppers at the Eastern Front.

For model builder, uniform enthusiasts and wargamers a really must be to visit.
Yes I highly recommend the whole museum in Overloon. Top rating in all aspects of the exhibition.
I  think my grandfather would also love it. But he isn’t alive.
But I know, he would have had shaken his head, saying: „Boy. It’s really good that those times are gone.“


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