Sonntag, 7. Mai 2023

Legio XXI Rapax und die Farbe der Römertuniken

Jeder, der sich auch nur annähernd mit der Uniformierung der römischen Armee beschäftigt hat, kennt die Diskussion über die Farbe der Tuniken.
Hat man zu diesem Thema nichts gelesen, dann würde man spontan sagen:
„Die waren doch rot!“.
„Alle?“
„Natürlich alle!“



Woher kommt diese Prägung?
Persönlich habe ich lange gedacht, dass es schon die Monumentalfilme der 50er Jahre waren, die hier dieses Bild entwickelt haben.
Schaut man sich allerdings die Eröffnungsszene z.B. von Quo Vadis (Film 1951) an, dann tragen die Legionäre weiße Tuniken, mit roten Streifen um Ärmel und Bund.
Auch in Ben Hur (1959) wurden die gleichen Tuniken verwendet.
Kleopatra, der Film aus dem Jahr 1963, zeigte dann Legionäre in roten, aber auch in weißen Tuniken.
Ich hätte Wetten gehalten, dass die Tuniken in allen Filmen rot gewesen waren.
Ist aber nicht so.
Woher kommt dann also mein Bild?
Hat mich Asterix beeinflusst???
Nein auch nicht.
Hier tragen Legionäre grüne Tuniken mit weißem Saum. Irgendwo haben diese dann noch ein rotes Accessoire (Gürtel, Hose).
Sie wissen warum?
Klar. Die Römer sind in den Nationalfarben Italiens dargestellt.
Herrlich.
Also von hier kommt meine Sicht also auch nicht.





Jetzt verlassen wir aber das Triviale und schauen uns mal Uniformbände an.
Alte Publikationen der Osprey Bände zeigen einen Mix.
Der Band „Roman Army from Caesar to Trajan“ (Michael Simkins, Illustrator Ronald Embleton), aus den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, stellt die Römer konsequent mit roten Tuniken dar.
Ein paar Jahre später zeigt der gleiche Autor und der gleiche Illustrator in der Neuauflage des Bandes Legionäre in roten, blauen, grünen und gelben Tuniken.
Hintergrund scheint hier zu sein, dass das Thema der Tunikafarbe in dieser Zeit keine so große Rolle in der Darstellung gespielt hatte.
Vielmehr war Simkins in dieser Zeit eher damit beschäftigt einen anderen Fehler, der sich aus den Römerfilmen ergeben hatte, auszuräumen, nämlich den der Verwendung von Lederrüstungen seitens der Römer!!!
Kann man sich heute gar nicht mehr so vorstellen, dass dieser Faktor lange diskutiert wurde.
Die Wissenschaft hat da in den letzten Jahrzehnten doch einen großen Schritt nach vorne gemacht.
Ich denke, ich persönlich bin Opfer einer Form der selektiven Wahrnehmung geworden.
Ich liebe die alten Monumentalfilme, und da habe ich dann rote römische Mäntel gesehen, rote Helmbüsche, rotbraune Lederrüstungen, und das alles gab dann irgendwo in meinem Hirn ein Gesamtbild, dass eben auch die Tuniken rot waren.
Das ist jetzt meine Entschuldigung.
Jüngere Leser sind von Computerspielen und Minis geprägt.
Na und da gibt es massenweise rote Römer.











Generell empfehle ich Ihnen, wenn sie einmal tiefer in dieses Thema einsteigen wollen, den Osprey MAA Band, Roman Military Clothing 1 (100 BC – AD 200), von Graham Sumner.
Er diskutiert diese Frage ausführlich und gibt auch eine entsprechende Übersicht über die mittlerweile vorhandenen Quellen zum Thema.
Zusammenfassend stellt er fest, dass die traditionelle Sicht eben von roten Militärtuniken ausging, und so vor allem die frühen römischen Reenacter auf die rote Tunika zurückgegriffen hätten. Das hat eben auch das Bild geprägt.
1987 erschien dann allerdings ein Aufsatz von N. Fuentes mit dem Titel „The Roman Military Tunic“.
Fuentes entwickelte die These, dass Legionäre und höhere Offiziere weiße Tuniken trugen, wären Centurionen in Rot gekleidet waren.
In der Forschung wurde diese These mittlerweile weitgehend übernommen, wobei einige Autoren allerdings weiterhin am klassischen Rot festhalten.
Auf Seite 17 des oben zitierten Buches schreibt er dann allerdings noch folgendes:
„However, many reenactors do not concur with the viewpoint, and as a result the public is now presented with a confusing arry of soldiers in tunics coloured either red, white, blue, green or yellow.“






Na und jetzt können Sie sich vielleicht denken, warum sie in diesem Bericht diese buntgekleideten Römer der XXI. Legio Rapax sehen.
Ich habe diese Gruppe vor ein paar Jahren auf einem Römertag in den Kaiserthermen in Trier erlebt.
Na und als ich in das Lager der Einheit schaute, fielen mir eben diese unterschiedlichen Tuniken sofort auf.








Klasse, dachte ich. Endlich mal weg vom uniformen roten oder weißen Look.
Erst in diesem Moment fiel es mir auf, wie sehr ich mich doch auch in der Bemalung meiner Römerfiguren eingeschränkt habe.
Klar; ich bin oldschool.
Also sind meine Minis natürlich in Rot gehalten, und sehen somit wie Trilliarden andere Römerminis weltweit aus.
Was mir an dem Look auch auffiel.
Uniformität der Römer machten die Rüstungen, Helme, gleiche Waffen und die Schilde aus.
Sie generieren den typischen Look eines spätrepublikanischen, kaiserzeitlichen römischen Legionärs aus.
Die Farbe der Tunika ist dann fast nebensächlich.
















Folglich.
Lassen Sie sich gerne von diesen Reenactern inspirieren. Gehen sie einfach fort von dem leinenfarbenen oder roten Look.
Einfach mal was Neues testen.
Historisch gesehen sind alle Varianten möglich.




















Leider haben archäologische Ausgrabungen noch keine komplette Kleiderkammer der Römer aufgedeckt, wo man dann mal 6000 Tuniken findet, die dann doch schon aussagekräftig wären (zumindest für Standort und Region, in dem sie gefunden wurden).
Nebenbei bemerkt, nicht dass ein falscher Eindruck entsteht.
Die Reenacter der Legio XXI Rapax sind eine professionelle Gruppe.
( Legio XXI Rapax (ammianus.eu)
Legio XXI Rapax - YouTube )
Sie haben sich da nicht verkleidet, sondern ihre Darstellung beruhen auf Mutmaßungen, die aber wiederum auf wissenschaftlichen Überlegungen basieren.
Allerdings auf den gleichen Mutmaßungen, die auch die Darstellung von Legionären in Rot oder Weiß legitimieren.
Möglich wäre alles.
Weiße Tuniken, weil es sich in dem Fall eben um naturbelassene Wolle oder Leinen handelt.
Rote Tuniken, weil die Römer sehr wohl rot färben konnten, und mit dem roten Farbton, eben Blutflecke verdecken wollten. Ein psychologischer Faktor, der auch nicht zu unterschätzen ist.
Gleichzeitig hat aber die experimentelle Archäologie gezeigt, dass die Römer durchaus alle möglichen Farben herstellen konnten. Somit kann man die Tuniken auch bunt darstellen.
Diversität ist Trumpf.
Überlegen Sie sich das, meine lieben Leser, auch bei der nächsten Römereinheit, die sie auf dem Tisch haben.
Ich habe das getan und eine meiner spätrömischen Einheiten in diesem diversen Look bemalt. Wenn diese fertig basiert sind, werde ich sie in einem Bericht vorstellen.
Viel Spaß beim Malen.
 
 
 
Anyone who has even remotely studied the uniforms of the Roman army knows the discussion about the color of tunics.
If you haven't read anything on this subject, you would spontaneously say:
"They were red!".
"All were red?"
"Of course!"
Where does this imprint come from?
Personally, I thought for a long time that it was the monumental films of the 1950s that developed this image here.
However, if you look at the opening scene of e.g. Quo Vadis (1951 film), then the legionnaires wear white tunics, with red stripes around the sleeves and waistband.
The same tunics were also used in Ben Hur (1959).
Cleopatra, the 1963 film, then featured legionnaires in red, but also in white tunics.
I would have bet the tunics were red in all the movies.
But it's not like that.
So where does my picture come from?
Has Asterix influenced me???
No Neither.
Here legionnaires wear green tunics with white hems. Somewhere they have a red accessory (belt, trousers).
You know, why?
Clear. The Romans are depicted in the national colors of Italy.
Splendid.
So my point of view doesn't come from here either.
But now we leave the trivial and take a look at uniform volumes.
Old publications of the Osprey volumes show a mix.
The volume "Roman Army from Caesar to Trajan" (Michael Simkins, illustrator Ronald Embleton), from the 70s of the last century, consistently shows the Romans with red tunics.
A few years later, in the new edition of the volume, the same author and illustrator shows legionnaires in red, blue, green and yellow tunics.
The background here seems to be that the subject of the tunic color did not play such a big role in the depiction at this time.
Rather, Simkins was at this time more concerned with clearing up another flaw that had emerged from the Roman films, namely the use of leather armor by the Romans!!!
Today it is hard to imagine that this factor was discussed for a long time.
Science has made a big step forward in the last few decades.
I think I've personally fallen victim to a form of selective perception.
I love the old monumental films, and then I saw red Roman coats, red crests, reddish-brown leather armour, and all of that gave an overall picture somewhere in my brain that the tunics were also red.
That's my excuse now.
Younger readers are influenced by computer games and wargaming miniatures.
Now and then there are tons of red Romans.
In general, if you want to delve deeper into this topic, I recommend the Osprey MAA Volume, Roman Military Clothing 1 (100 BC - AD 200), by Graham Sumner.
He discusses this question in detail and also gives a corresponding overview of the sources on the subject that are now available.
In summary, he states that the traditional view was based on red military tunics, and that the early Roman re-enacters in particular would have resorted to the red tunic. That also shaped the picture.
However, in 1987 an essay by N. Fuentes entitled “The Roman Military Tunic” was published.
Fuentes developed the thesis that legionnaires and senior officers wore white tunics while centurions were dressed in red.
In the meantime, this thesis has been largely adopted in research, although some authors continue to stick to the classic red.
On page 17 of the book cited above, however, he then writes the following:
"However, many reenactors do not concur with the viewpoint, and as a result the public is now presented with a confusing array of soldiers in tunics colored either red, white, blue, green or yellow."
Well and now you can probably imagine why you see these colorfully dressed Romans of the XXI. Legion Rapax here in this report.
I saw this group a few years ago at a Roman day in the Kaiserthermen Trier.
Well, when I looked into the unit's camp, these different tunics immediately caught my eye.
Great, I thought. Finally away from the uniform red or white look.
Only at this moment did I realize how much I had restricted myself in the painting of my Roman figures.
Clear; i'm old school
So, of course, my minis are red and look like trillions of other Roman minis around the world.
What also struck me about the look.
Uniformity of the Romans is made by armor, helmets, equal weapons and shields.
That generate the typical look of a late republican, imperial Roman legionnaire.
The color of the tunic is then almost irrelevant.
So.
Be inspired by these reenacters.
Just step away from the linen or red look.
Just try something new.
Historically, all variants are possible.
Unfortunately, archaeological excavations have not yet uncovered a complete Roman clothing chamber, where you can find 6000 tunics, which would then be meaningful (at least for the location and region in which they were found).
By the way, don't give the wrong impression.
The Legio XXI Rapax reenactors are a professional group.
( Legio XXI Rapax - YouTube )
They didn't disguise themselves there, but their representation is based on assumptions, which in turn are based on scientific considerations.
However, on the same assumptions that also legitimize the representation of legionnaires in red or white.
Anything is possible.
White tunics, because in this case it is natural wool or linen.
Red tunics, because the Romans could very well dye red and wanted to use the red color to cover up blood stains. A psychological factor that should not be underestimated either.
At the same time, however, experimental archeology has shown that the Romans could produce all sorts of colors. So you can also show the tunics colorful.
Diversity is king.
Think about that too, my dear readers, with the next Roman unit you have onyour painting table.
I did that and painted one of my late Roman units this diverse look. When these are based, I will present them in a report.
Have fun painting.

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