Samstag, 7. Januar 2017

Rocroi

Rocroi.
Nicht jedem in Deutschland sagt das etwas. Googelt man nach, sieht man eine kleine französische Ortschaft an der Nordgrenze in Richtung Belgien. Scheint Rocroi ist bzw. war eine Festung, stellt man zuerst fest.


Schaut man genauer hin, findet man weitere Bilder.
Bilder von Soldaten, die auf den ersten Blick aussehen, wie Statisten aus einem “Drei Musketiere” Film.



Hat man Interesse an Historie, dann macht es spätestens hier Klick. Da geht es doch um die Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Klar!
Na und wenn man sich dann ernsthaft damit beschäftigt, liest man vom ultimativen Sieg des noch jungen Grafen Condé.
Einem Sieg, der quasi ein Jahrhundert spanischer Überlegenheit zunichte gemacht hat.  So wird das oftmals zitiert.
Einem Sieg, der in Frankreich und der französischen Geschichte durchaus mit der Schlacht von Lützen, Breitenfeld oder auch Nördlingen gleichgesetzt werden kann.
Eine ganz große Nummer des 30jährigen Ringens.
So könnte man es salopp ausdrücken.
Das französische Heer unter dem damals 22 jährigen Duc d’Enghien, des zukünftigen Grafen Condé, umfasste 16.000 Infanteristen, 6000 Reiter und 12 Kanonen.
Die gegnerische Streitmacht der Spanier bestand aus 17.000 Infanteristen, 8000 Reitern und 18 Kanonen.
War zahlenmäßig somit leicht überlegen.



Wenn Ihnen diese Zahlen niedrig erscheinen sollten … Eine Normalgröße in der damaligen Zeit. Die verwendeten Artilleriestücke sind weniger als in vergleichbaren Schlachten auf deutschem Boden. Aber ein Heer von über 20.000 Mann galt in dieser Zeit schon als groß.
Außerdem hatte die spanische Armee, wie bereits oben angemerkt, den Nimbus der  „Unbesiegbaren“ auf Ihrer Seite. Sie wurde von Francisco de Melo geführt, zu dem Zeitpunkt Statthalter der spanischen Niederlande.
Der Big Bro himself quasi.
Leider war es nicht er, sondern sein Heereschef Bernard de Fontaine, ein gebürtiger Elsässer, der sich – krankheitsbedingt - in einer Sänfte in die Schlacht tragen ließ.


Wäre es de Melo gewesen, wäre das natürlich mega stylish für ein Wargaming Szenario. Seit dem Film 300 und seit der Gralsreliquie der Bretonen von Warhammer Fantasy wissen wir ja alle so etwas zu schätzen:
Der Big Bro in der Sänfte. So etwas wie der Gangsterboss in einem schwarzen SUV mit spinning wheels. Nur halt eben im Stil der Zeit. Da es die SUV’s noch nicht gab, musste halt ne Sänfte herhalten.
Old school eben.
Na und während er da ankommt, spielt die spanische Heereskapelle von Eminem “Lose Youself” –
“Look,
If you had one shot, or one opportunity
To seize everything you ever wanted, one moment
Would you capture it or just let it slip?
Yo...
You only get one shot, do not miss your chance to blow
This opportunity comes once in a lifetime
Yo...”
Ach Leute …
gebt mir doch einen Vertrag, um historische Filme zu drehen. Ich hätte so geile Ideen.
Alle Knöpfchenzähler würden ausrasten, sie würden ausspeien, aber ich würde fragen.
Warum? Ist doch nur ne moderne Neuinszenierung.
(In meinem Kopf höre ich gerade bayreuthische Klänge einer schwülstigen Wagneroper. Kaum bekleidete Walküren an einer Tanzstange ….Warum?).
Leute, wie geil wäre das denn eigentlich.
Zunächst fliegt die Kamera in so einer halbhohen Drohnenposition von Rocroi zum Schlachtfeld und positioniert sich über den französischen Reihen. Die Kamera fährt dann runter auf Augenhöhe der französischen Soldaten.
Dann sieht man, wie die spanischen Tercios durch den Pulverdampf auf eine Reihe französischer Regimenter zumarschieren, natürlich in der richtigen historischen Aufstellung.
NATÜRLICH!!!!
Regiment gegen Tercio.
NATÜRLICH!!!!
Besetzung in 1:1.
NATÜRLICH!!!!
Reale Statisten. Kein CGI.
NATÜRLICH!!!!
Man braucht ja nur 42.000 Leute. Das geht.
Na und in der Mitte der spanischen Schlachtordnung schwankt die Sänfte des Kommandeurs, alles ist in ziemlich düstereren, erdigen Farben gehalten, und Eminem rappt.
Ich find’s geil.
Zurück zur Schlacht.
Eigentlich ist es tragisch. Fontaine war tapfer. Er versuchte noch alles zu retten, indem er seine Musketiere eben von dieser Sänfte, korrekter einem Tragestuhl, den man auch noch heute im französischen Armeemuseum besichtigen kann,  aus  befehligte. Dabei kam er ums Leben.
Sein Einsatz nützte auch nichts mehr.
“If you had one shot, or one opportunity...”


Dabei hatte alles so gut angefangen.
Die Spanier waren am 12. Mai 1643 nach Rocroi gekommen und hatten, wie es sich gehört, stilgerecht die Belagerung aufgenommen.
Enghien hörte davon und beschloss sofort: Da müssen wir was tun.
Er war ein Mann der Tat, führte seine Truppen zur Stadt.
Am 18. Mai bauten sich die beiden Armeen südwestlich von Rocroi gegenüber auf und begannen am Nachmittag mit einem Artillerieduell.
Die Schlachtaufstellung folgte vorbildlich den Regeln der Zeit. Auf beiden Seiten.


Die Infanteriebataillone in zwei Reihen aufgestellt, an den Flügeln die Kavallerie, und ein paar Bataillone als Reserve in der dritten Linie.
Die Regimenter der Spanier wirkten allerdings durch die Tercios kompakter, globiger und wuchtiger.
(Na und irgendwo schwankte halt auch die Sänfte … “If you had one shot, or one opportunity...”)
Enghien wollte unbedingt eine Entscheidung bevor spanische Verstärkungen eintrafen.
Der Angriff war blutig: 4500 eigene Soldaten fielen aus. Sie konnten allerdings 7500 Spanier ausschalten.


Das spanische Heer begann sich aufzulösen. Die Tercios der Reserve hielten noch stand. Dem letzten Tercio wurde sogar wegen seiner Standhaftigkeit nach der Kapitulation der ehrenhafte Abzug unter Waffen gestattet, was normalerweise nur Regimentern bei einer Belagerung zugestanden wurde.
Nachdem sich die Spanier aber final ergeben hatten, herrschte Verwirrung unter den französischen Reitern, die weiter auf die Spanier einschlugen. Enghien selbst griff ein, um das Gemetzel zu stoppen.


Wenn man in Rocroi ist, denkt man irgendwie, die Franzosen haben sicherlich die Festungsanlagen stehen lassen, um immer an diese Schlacht zu erinnern.









Die Festungswälle sind sehr gut erhalten.
Der Ort hat sich nicht so weit über die Grenzen der ehemaligen Festung ausgedehnt.   Somit wirkt Rocroi schon noch sehr urtümlich.
Wir haben natürlich das kleine Museum besucht. Die Bilder sehen Sie hier in diesem Bericht.
Es ist nicht sehr groß, aber Madame im Museum war extrem freundlich. Sie hat dann extra für uns noch einen Film zur Schlacht in der deutschen Übersetzung rausgesucht, den wir uns dann auf einem Fernseher im Museum anschauen konnten. Sehr nett.

Die Ausstellung zeigt einige Dioramen, ein paar Figuren mit Uniformen und Waffen der Zeit (teilweise sehr schräge Klamotten. Wirkte eher wie Fastnacht).
Folgende Themen werden dargestellt.
Das große Festungsdiorama




Condé und de Fontaine

Vor der Schlacht





Kriegsrat

Belagerung von Zons (am Niederrhein)





Verschiedene Kleindioramen








Diorama zur Schlacht (leider gab es keine genauere Beschreibung, obwohl am Diorama selbst ja kleine Hinweisschildchen positioniert sind)






Flachfigurendiorama zu einer Schlacht um 1630: Schweden gegen Kaiserliche – Gegenübergestellt werden die verschiedenen Aufstellungen, Tercio vs Schwedische Brigade: Die Tercios haben die Piken in der Mitte und werden von einer Hecke aus Musketieren bzw. Arkebusieren komplett umgeben. Die Schwedische Brigade wirkt dreigeteilt. In der Mitte die Pikeniere, an beiden Flügeln Musketiere. Die schwedische Reiterei besteht aus leichteren Truppen mit Blankwaffen, während die Kaiserlichen auf schwere Reiterei, sprich Kürassiere, setzen.
(von Herman Debler sowie Alfred & Roland Umhey. Überall trifft man Bekannte aus der  Modellbauszene)








Diverses



Ein Sammelsurium verschiedenster Exponate.
Aber, wenn man mal in Rocroi vorbeikommt, sollte man da einfach mal kurz reinschauen.
Den Spaziergang um die Festung herum empfehle ich auf jeden Fall, weil man die Stadt dann auch immer aus verschiedenen Perspektiven sehen kann.











Zum Schlachtfeld selbst – einer Wiese südwestlich der Stadt – sind wir jetzt nicht extra gefahren.
Ganz banal. Wir fuhren einen anderen Weg aus der Stadt heraus.
Wer also mal in die Ecke kommt, sollt kurz anhalten und darüber nachdenken, dass in diesem verschlafenen Nest einmal Weltgeschichte gemacht wurde.
Auf den ersten Blick erkennt man das nämlich gar nicht.
Na und irgendwie, als ich wieder im Auto saß, und wir langsam an einem Feldweg vorbeifuhren, da hatte ich sowas wie eine Vision.
Ich sah d’Enghien inmitten seiner jubelnden Männer, in einer erbeuteten Sänfte sitzend, na und er ließ sich Richtung Paris tragen.
Und jetzt spielte die französische Kapelle die altbekannte Melodie …

“Look,
If you had one shot, or one opportunity
To seize everything you ever wanted, one moment
Would you capture it or just let it slip?
Yo...
You only get one shot, do not miss your chance to blow
This opportunity comes once in a lifetime
Yo...”


NACHTRAG:: Falls jemand ein Diorama oder ähnliches zu Rocroi bauen will. Von Germania Figuren gibt es tatsächlich Spezialfiguren in 1/72 zu diesem Thema.
Es gibt sogar La Fontaine auf seinem Sessel.
http://germania-figuren.com/gx2/1-72-Resinfiguren/1-72-Germania-Figuren/Dreissigjaehriger-Krieg---ROCROI/


Rocroi.
Not everyone in Germany knows this small french village.
Just google and you can see a small French village on the northern border in the direction of Belgium. Seems Rocroi is or was a fortress, you think.
You take a closer look. And you can find more pictures.
Pictures of soldiers who look at first glance, like the protagonists from a "Three Musketeer" movie.
It is about the time of the Thirty Years' War. Clear!
And then, you will read about the ultimate victory of the young Count Conde.
A victory that has almost destroyed a century of Spanish superiority.
A victory which in France and French history can be equated with the battle of Lützen, Breitenfeld, or even Nördlingen.
The French army under the then 22-year-old Duc d'Enghien, the future Count Condé, comprised 16,000 infantry, 6,000 riders, and 12 guns.
The Spaniards' consisted of 17,000 infantry, 8,000 riders, and 18 guns.
A normal size in that time. The artillery pieces used are less than in comparable battles on German soil.
But an army of more than 20,000 men was regarded as massive at this time.
Besides, the Spanish army, as noted above, had the nimbus to be the "Invincibles" . It was run by Francisco de Melo, at the time the gouverneur of the Spanish Netherlands.
The Big Bro himself.
Unfortunately, it was not he, but his army sergeant Bernard de Fontaine, a native Alsatian, who had to be carried into the battle in a Sedan chair because of illness.
If it had been de Melo, this would of course be mega stylish for a wargaming scenario. Since the film 300 and since the Grail Reliquary of the Bretons in Warhammer Fantasy, we all appreciate such a model:
The Big Bro in a Sedan chair.
Somehow like the gangsterboss in a black SUV with spinning wheels. But in the style of that time. Because the SUV's did not exist, you have to choose a Sedan chair.
Well, and as he arrives, Eminem's "Lose Youself" is played by the Spanish army band:

"Look,
If you had one shot, or one opportunity
To seize everything you ever wanted, one moment
Would you like it?
Yo
You only get one shot, do not miss your chance to blow
This opportunity comes once in a lifetime
Yo ... "

Come on guys ...
Give me a contract to make historical films.
I would have so cool ideas.
The Oscar is waiting for me.
Really. Support me.
People, how cool would that be actually.
First, you use a drone, and you flie from Rocroi to the battlefield. There you take position just over the French ranks. The camera then descends to the level of the French soldiers.
Then we see how the Spanish Tercios march through te battle fog.
The French regiments are of course in the right historical formation.
NATURALLY!!!!
Regiment against Tercio.
NATURALLY!!!!
Cast in 1: 1.
NATURALLY!!!!
Real actors. No CGI.
NATURALLY!!!!
You only need 42,000 people. No problem at all.
And in the middle of the Spanish order of battle, the Sedan chair of El Commandante sways. Everything is held in rather gloomy, earthy colors, and Eminem raps to the scene.
I love it.
Back to the battle.
Actually, it is tragic. Fontaine was brave. He tried to save the battle by commanding his Musketeers from this litter. The chair can still be seen today in the French Army Museum. It was a booty after the battle.
Fontaine was killed.
His use was no good either.
"If you had one shot, or one opportunity ..."
Everything had started so well.
The Spaniards had come to Rocroi on the 12th of May, 1643, and opened the siege.
Enghien heard of it, and immediately resolved, "We must do something“.
He was a man of action, led his troops to the city.
On May 18, the two armies were on the field, south-west of Rocroi An artillery duel started in the afternoon.
The line up followed the rules of the times. On both sides.
The infantry battalions set up in two rows, on the wings the cavalry, and a few battalions as a reserve in the third line.
The regiments of the Spaniards, however, were more compact, more globular, and more powerful in form of the Tercios.
(And somewhere swayed also the litter ... "If you had one shot, or one opportunity ...")
Enghien wanted to make a decision before Spanish reinforcements arrived.
The attack was bloody: 4500 soldiers were killed. However, they were able to switch off 7500 Spaniards.
The Spanish army began to dissolve. The Tercios of the reserve stood still. The last Tercio, even on account of his steadfastness after the surrender, was permitted to carry out an honorable withdrawal under arms, which was usually allowed only to regiments during a siege.
But after the Spaniards had finally settled, there was confusion among the French riders, who continued to attack the Spaniards. Enghien himself intervened to stop the massacre.
When you are in Rocroi, you think somehow, the French have certainly left the fortifications as a battle monument for the great victory.
The fortifications are very well preserved.
The place has not stretched so far over the borders of the former fortress. Thus, Rocroi is still very primordial.
We visited the small museum, of course. The pictures are shown here in this report.
It is not very big, but Madame in the museum was extremely friendly. Talking with us in french language, she was looking for a film in the German translation, which we then could look at a TV in the museum.
Very nice.
The exhibition shows some dioramas, a few figures with uniforms and guns of the time (partly very oblique clothes, more like carnival).
The following topics are presented.
The great fortress diorama
Condé and de Fontaine
Before the battle
War Council
Siege of Zons (Lower Rhine)
Different clothes
Diorama to the battle (unfortunately there was no more detailed description, although on the diorama itself you can see small slips of paper with numbers)
The battle of 1630: Sweden vs. the Imperial –
The different battle orders, Tercio vs the Swedish Brigade: The Tercios have the pikes in the middle and are completely surrounded by a hedge of musketeers and Arkebusiers. The Swedish Brigade has three parts. In the center the pikemen, on both wings Musketeers. The Swedish cavalry consists of lighter troops with blank weapons, while the imperial ones rely on heavy cavalry, or cuirassiers.
(By Herman Debler as well as by Alfred & Roland Umhey).
Miscellaneous
A collection of various exhibits.
But, if you go to Rocroi, you should just take a look.
I recommend the walk around the fortress in any case, because you can always see the city from different perspectives.
The battlefield itself - a meadow southwest of the city – we visited not.
Very banal. We drove another way out of the city.
So if you come into that corner of France, you should stop and think about the fact that in this sleepy village once world history was made.
At first sight you can not see it.
Well and somehow, as I sat again in the car. I saw a small rural road. And there, I had something like a vision.
I saw d'Enghien in the midst of his cheering men, sitting in a looted Sedan chair, and he was carried toward Paris.
But now the French band played the well-known melody ...

“Look,
If you had one shot, or one opportunity
To seize everything you ever wanted, one moment
Would you capture it or just let it slip?
Yo...
You only get one shot, do not miss your chance to blow
This opportunity comes once in a lifetime
Yo...”

Postscript: The german company Germania Figuren has a special range in 1/72  for this battle. Even La Fontaine in his Sedan chair.
http://germania-figuren.com/gx2/1-72-Resinfiguren/1-72-Germania-Figuren/Dreissigjaehriger-Krieg---ROCROI/


5 Kommentare:

  1. Toller Bericht :) Danke

    ....one opportunity ... *rofl*

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  2. Danke für die Arbeit und den Bericht.

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  3. Vielen Dank für die netten Kommentare.

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  4. A superb report of their battle and fascinating to see the museum exhibits - thank you very much for a great piece of work 👍

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  5. Thank you FoGH. Rocroi is a nice small town, more a village, and Wörth for a trip.

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