(Duff Cooper, 1. Viscount Norwich)
5:30. Heute vor 100 Jahren.
Noch ist es still in der flandrischen Ebene.
Natürlich sterben Menschen. Sie liegen im Matsch. In Trichtern, in Gräben.
Hier in der wassergefüllten, matschigen, apokalyptisch wirkenden Erde Flanderns.
„In a foreign field he lay
Lonely soldier, unknown grave
On his dying words he prays….“
„Many soldiers eighteen years
Drown in mud, no more tears
Surely a war no-one can win
Killing time about to begin…“
Aber das ist hier nichts Besonderes. Das ist Normalität.
Dennoch. Das große Massensterben rückt bereits heran.
Unaufhaltbar.
Noch herrscht der Zustand den Remarque tituliert hat:
„Im Westen nichts Neues.“
Aber nicht mehr lange …
5:40. Heute vor 100 Jahren.
„Laying low in a blood filled trench
Kill time 'til my very own death
On my face I can feel the falling rain
Never see my friends again…“
Jetzt bricht die Hölle los. Kanonen beginnen zu donnern. Das Trommelfeuer pflügt sich durch die feindlichen Stellungen. Hinter dem Schutzteppich sollen die Angreifer vorrücken.
„Relive all that he's been through
Last communion of his soul
Rust your bullets with his tears
Let me tell you 'bout his years
In the smoke, in the mud and lead
Smell the fear and the feeling of dread
Soon be time to go over the wall
Rapid fire and end of us all.“
Die Artillerie schießt nach der bekannten Methode: Feuerwalze.
Ein Salvenfeuer, das sich in bestimmten Abständen immer weiter nach vorne verlagert.
Dahinter sollen die Angreifer in einem trügerischen Schutz nach vorne gehen.
Vorne eine Wand aus Granaten, Feuer und Tod. Dahinter die Infanterie.
„Whistles, shouts and more gun fire
Lifeless bodies hang on barbed wire
Battlefield nothing but a bloody tomb
Be reunited with my dead friends soon…“
Die ANZAC Truppen waren kurz zuvor abgelöst worden. Jetzt stehen Kanadier hier an dieser Stelle. Wieder Truppen des Commonwealth, die an der Seite von britischen Infanteriedivisionen den entscheidenden Schlag führen sollen.
„… Home, far away
From the war, a chance to live again
Home, far away
But the war, no chance to live again…“
Hier in Belgien. In Flandern.
Die Offensive, die am 26. Oktober 1917 wieder aufgenommen wurde, war Teil der sogenannten Dritten Flandernschlacht.
Das Sterben hatte bereits am 31. Juli begonnen. Es lief in mehreren Phasen ab. Für jede Phase standen Namen von Ortschaften. Quasi symbolisch.
Messines, Pilkem, Langemarck, Menen und jetzt bereits zum zweiten Mal …
PASSCHENDAELE
Ziel war auch hier das, was IMMER das Ziel war.
In Verdun, an der Somme, in den Flandernschlachten, in den Vogesen, an der Alpenfront etc. etc.
Der Durchbruch an der Westfront.
DURCHBRUCH.
Und wie überall sonstwo auch wurden die relativ geringen Geländegewinne (die 130 km², die besetzt werden konnten, gelten sogar als bedeutend)unter enormen Verlusten von Soldaten und Material erkauft.
Und das auf beiden Seiten der Frontlinie:
„The bodies of ours and our foes
The sea of death it overflows
In no man's land, God only knows
Into jaws of death we go.
Crucified as if on a cross
Allied troops they mourn their loss
German war propaganda machine
Such before has never been seen…“
Vor Passchendaele hatten am 18. Oktober 1917 die 1. kanadische Division (General MacDonell) und die 2. Division (General Turner) ihre Stellungen eingenommen. Zwei weitere Divisionen der Kanadier, die 3. (General Lipset) und die 4. (General David Watson) standen hinter ihnen, um nachzustoßen und bei erfolgtem Durchbruch die Stellung zu erweitern.
„Home, far away
From the war, a chance to live again
Home, far away
But the war, no chance to live again…“
Die Kanadier galten als sehr gute Soldaten und hatten sich bisher in verschiedenen Einsätzen an der Front bewährt. Nun standen sie hier an dieser Stelle. Ihr Kommandeur General Arthur Currie erklärte gegenüber General Haig, dass er mit Verlusten in Höhe von 16.000 Soldaten rechnen würde. Haig bestand dennoch auf dem Angriff.
„Swear I heard the angels cry
Pray to god no more may die
So that people know the truth
Tell the tale of Paschendale
Cruelty has a human heart
Every man does play his part
Terror of the men we kill
The human heart is hungry still…“
Im Norden wurden die Kanadier vom englischen XIX. Korps, im Süden vom X. Korps unterstützt.
Ihnen lagen auf deutscher Seite die 5. bayrische Reserve, sowie die 239. und 111. Division gegenüber (Gruppe Staden).
Dazu noch um Ypern herum die 11. und die 238. Division. Hier befand sich die 11. bayerische Division in Reserve.
Nach heftigen kämpfen konnte Passchendaele am 30. Oktober erobert werden.
(Ypern)
(Ypern)
„I stand my ground for the very last time
Gun is ready as I stand in line
Nervous wait for the whistle to blow
Rush of blood and over we go...“
In einem Gegenangriff gelang den Deutschen die Rückeroberung des Dorfes, das mittlerweile schon völlig zerstört war.
Erst am 6. November eroberten die Kanadier, unterstützt von den Briten das Dorf und die umliegenden Höhen.
Die Dritte Flandernschlacht hatte alliierte Verluste in Höhe von 325.000 Mann zur Folge, für die Deutschen muss man von Verlusten bis zu 260.000 Soldaten ausgehen.
„Blood is falling like the rain
Its crimson cloak unveils again
The sound of guns can't hide their shame
And so we die on Paschendale
Dodging shrapnel and barbed wire
Running straight at cannon fire
Running blind as I hold my breath
Say a prayer symphony of death
As we charge the enemy lines
A burst of fire and we go down
I choke a cry but no-one hears
Feel the blood go down my throat...“
Wie immer in den Schlachten des Ersten Weltkriegs hatte das große Sterben keinen Sinn. Weder wurden die eigentlichen Ziele erreicht, denn der Durchbruch wurde eingedämmt und die deutschen U Boot Basen, die von Land aus eingenommen werden sollten, blieben in deutscher Hand, noch konnten die Geländegewinne dauerhaft gehalten werden.
In der deutschen Frühjahrsoffensive von 1918 gingen die eingenommenen Gebiete wieder verloren.
Passchendaele ...
Ein weiterer Name für den Irrsinn des Ersten Weltkriegs.
Ein Irrsinn, der heute am 26. Oktober begann.
Heute vor 100 Jahren.
„Home, far away
From the war, a chance to live again
Home, far away
But the war, no chance to live again
See my spirit on the wind
Across the lines, beyond the hill
Friend and foe will meet again
Those who died at Paschendale.“
(Die englischen Textpassagen stammen aus dem Lied Paschendale von Iron Maiden.
Bilder aus dem „In Flanders Fields“ Museum in Ypern).
Very cool post!
AntwortenLöschenDanke!
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